Hochzeitsbittersprüche


... entnommen aus den „Mitteilungen des Vereins für Kaschubische Volkskunde“ - um 1910

- Herausgeber: Dr. F. Lorentz und I. Gulgowski -

(Hier abgedruckt als Nebenprodukt meiner privaten Heimat- u. Familienforschung)

 

Friedrich Lorentz schrieb vor nunmehr fast 100 Jahren in den „Mitteilungen des Vereins für Kaschubische Volkskunde“:

Hochzeitsbittersprüche in slovinzischer Sprache scheinen schon lange nicht mehr gebräuchlich gewesen zu sein, jedenfalls wurde schon im zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts allgemein nur in deutscher Sprache eingeladen. Der Hochzeitsbitter, stwri („der Alte“) genannt, ging, mit bunten Bändern am Hut und Stock geschmückt, in die Häuser der Einzuladenden und sagte seinen Spruch auf, dafür erhielt er ein Glas Bier oder Branntwein und ein kleines Geldgeschenk. Die Sitte, durch den Hochzeitsbitter einladen zu lassen, hat sich bis in die Gegenwart erhalten, doch sagt er jetzt keinen Spruch mehr auf, sondern überreicht nur die Einladungskarte.

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Hochzeitsbitterspruch aus Stohentin.

Hoch- und wertgeschätzter Freund, ich bitte Sie ganz freundlich, Sie werden mir nicht übel nehmen, daß ich so dreist bei Sie eintrete, denn ich habe eine christliche Werbung an Sie und die lieben Eurigen, weil ich ein ausgesandter Bote bin von der Jungfer Braut N. N. und von dem hochgeehrten Bräutigam N. N. Diese beiden Personen sind willens, in den Stand der Ehe zu treten, und sind willens, von heut über acht Tage die priesterliche Kopulation vollziehen zu lassen. So bittet der Herr Bräutigam und die Jungfer Braut, sich Freitag Morgen bei dem Herrn N. N. um 7 Uhr morgens einzustellen und dann sich mit einer kleinen Mahlzeit bedienen zu lassen und dann die Brautleute nach Groß Garde zur Kirche zu begleiten und die priesterliche Kopulation anzuhören und die Trauung mit Andacht und Gebet freundlich und gütig anzuhören und nach die Trauung wieder zurück in die Wohnung des Herrn N. N. zurückzukehren. Dann werden wir sehen,  was der hohe allmächtige Schöpfer, Gott der Allmächtige, uns an Essen und Trinken bescheret hat, das wollen wir freundlich und gütig annehmen und dann die Hochzeit mit Singen und Springen zu Ende bringen. Stellt Euch ein, groß und klein, ihr sollt alle freundlichst angenommen sein. Habe ich meine Sache nicht gut gemacht, so bitte ich Sie, haben Sie darauf nicht Acht. Denn ich bin jung von Jahren, ich bin der Sache noch wenig erfahren. Haben Sie ein Gläschen Wein, so schenken Sie ein. Haben Sie eine Flasche Bier, so geben Sie sie mir. Haben Sie nicht Bier und Wein, so geben Sie mir ein Gläschen Branntewein. Denn ohne Bier und Branntewein kann der Hochzeitsbitter niemals lustig sein. Amen.

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Hochzeitsbitterspruch aus Rotten.

Hochverehrte Freunde, nehmt mir nicht für übel, daß ich so dreist hereingekommen bin, ausgesandt von Braut und Bräutigam. Er bittet euch, gnädigst in acht Tagen euch in sein Haus zu versammeln und mit einem Frühstück bedienen zu lassen und alsdann Beistand zu leisten zur Trauung, indem er willig ist, wenn Sie einen Sohn oder Tochter ausgeben oder sonst eine Kollation ausstellen, euch wieder Beistand zu leisten. Nach der Trauung kehren wir wieder in das Haus zurück und wollen eine fröhliche Gesellschaft vollbringen.

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Hochzeitsbitterspruch aus Chmielno Kr. Karthaus

Der mit bunten seidenen Bändern am Hut geschmückte Hochzeitsbitter (druzba) kommt auf einem Pferde, das ebenfalls mit bunten seidenen Bändern geschmückt ist, reitend vor das Haus der Einzuladenden und schießt eine Pistole ab. Dann steigt er ab, bindet sein Pferd an und betritt mit dem Gruß „Gelobt sei Jesus Christus!“ das Haus. Ohne den Willkommen abzuwarten, beginnt er folgenden Spruch:

Meine Verbeugung der hochwohlgeboren Herrschaft, und dem ganzen Hause der hiesigen Herrschaft. Meinem Dienste folgend, bin ich hierhergeritten, Ihnen, Ihr Herrschaften, Frieden zu wünschen, mögen Sie hier, Ihr Herrschaften, freundlich oder nicht freundlich dem Gaste sein, denn wenn Sie ihm nicht freundlich sind, werden Sie ihn nicht schnell willkommen heißen.

Höchste, hochgeehrte Herrschaften, hochwohlgeborenen Freunde, es bittet das junge Paar, zunächst der Herr Bräutigam, dann das geehrte Fräulein Braut, daß ich mit dreistem Schritt vor Sie treten möchte, daß meine Bitte und Einladung bei Ihnen keiner Ausrede begegne, daß Sie sich keinen Weg machen weder nach Lauenburg noch nach Bütow, denn darüber würde ich große Kopfschmerzen haben.

Denn ich bin ein Mensch, gesandt zunächst von unserm Herrgott, von der allerheiligsten Jungfrau und von allen Heiligen, und hiernach von dem jungen Paar, welches sich zum Ehestand, zum heiligen Sakrament begibt.

Nicht also aus ihrem Willen noch aus meinem Willen, sondern auf Gottes Gebot bitte ich Sie mit den Töchterchen und den Brautjungfern, vierspännig im eisenbeschlagenen Wagen oder auch in lackierter Kalesche, die jungen Herren Söhne auf Pferdchen mit Musik und einem Paar Pistolen; dieses alles zur größeren Ehre dem jungen Paare.

Bitte auch besser sich anzukleiden, als ich es bin, den Sie hier vor sich sehen, und zwar zum nächsten Montag in der Frühe zum Hochzeitshause auf ein Gläschen Doppelbier, auch zu einem zweiten und dritten und so weiter mit der ganzen Gesellschaft, dann wird auch noch mehr vorgesetzt werden. Das wird eine Hochzeit mit Musik und Lustigkeit, welche wir mit Hüpfen und Springen genießen wollen.

Hernach wird die geehrte Braut und der Herr Bräutigam zum Gotteshause, der Kirche in Chmielno, um unsere Begleitung bitten. Dort werden wir beten, jeder wird ein Gebet sprechen zu Gott zur Ehre des Gotteshauses und der Trauhandlung. Wir werden den heiligen Geist bitten, daß der liebe Gott dem jungen Paare einen glücklichen Beginn und ein seliges Ende geben möge.

Darnach werden wir zurückfahren dach dem Orte unserer Ausfahrt und dort in die Schenke oder, gewöhnlich gesagt, ins Gasthaus. Dort werden alle den Herrschaften sich beugen und auch ich werde diese Ehre erzeigen. Dort wird man gern die Gläser vollschenken und Ihnen zutrinken, dabei werde auch ich wieder sein.

Darauf wird Sie das geehrte Fräulein Braut zum Hochzeitshause führen, dort wird für Sie alles aufgeboten sein, was unser Herrgott gegeben und die Köchin zusammengerührt, dort darf jeder essen und trinken, so lange er noch auf den Füßen stehen kann. Dort wird so viel Bier sein, daß jeder sich dreist kann betrinken. Dort werden sein ein paar Tonnen Bier, vier gebackene Brote und für Sie auch ein Anker Wein. Dort werden sein für die Herren Schafböcke, für die Männer Hammel, für die Frauen Schäfchen und für die Mädchen Lämmchen. Ein Ochse liegt geschlachtet in der Kammer, ein zweiter geht noch auf dem Hofe umher, aber wenn wir uns betrinken, werden wir auch noch diesen schlachten.

So Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag, dann werden wir die geehrte Braut fragen, ob nun die Hochzeit begonnen oder schon zu Ende.

Jetzt endlich, meine Herrschaften, ich bin auf der Reise und bitte, daß mein Geldbeutel nicht leer bleibt, auch habe ich ein dunkelbraunes Pferden und bitte für dies um Futter.

Wenn ich Ihnen für diesesmal nicht genug getan, für’s nächstemal soll’s besser sein.

Gelobt sei Jesus Christus!

Diese Sitte hat sich im Kirchspiel Chmielno bis um die Mitte des vorigen Jahrhunderts erhalten.

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Hochzeitsbittersprüche aus Linde, Kr. Neustadt

 

Ich setzte meine Füße über die herrschaftliche Schwelle und verbeuge mich tief vor der Herrschaft. Ich wünsche Ihnen an diesem Donnerstage.... Ich bin kein Vertriebener, sondern ausgesandt von Gott dem Herrn und von seiner Mutter und von den beiden jungen Herrschaften und bitte das ganze Haus zu der Hochzeitsfeier am Montag, morgens um 6 Uhr, auf ein Stück weißes Brot und ein Glas süßen Wein. Dort wird sein eine reiche Hochzeit, dort werden sein zwei gehörnte Ochsen und Kuh und Huhn, bis von ihnen Kammer und Böden voll sein werden, ein halbes Schock Gänse und zwei verschnittene Eber, zwei Hasen an der Wand, von denen werden wir auch bekommen, eine Elster ohne Auge und ein Kapaun ohne Seite und ein fetter Sperling, der sich drei Jahre in der leeren Scheune mästete, Hammel für die Männer, Böcke für die Frauen, Lämmer für die Mädchen. Ich bitte euch Jungfrauen als Brautjungfern, daß ihr euch die Strümpfe festbindet und die Federn vom Kopfe kämmt, damit ihr der jungen Frau keine Schande macht. Dort werden sein Geigen und Bässe, schütteln werden sich Alten und Jungen die Schenkel. Ich habe ein etwas mageres Pferdchen, ich bitte dafür um eine Metze Hafer. Ich wollte es ein paar Schritte weiter bewegen, schon liegt das Biest auf der Seite. Ich bin ein reisender Mensch, ich bitte, daß mein Beutel nicht leer bleibt. Wer einen Taler gibt, der hat Wert, ein halber Taler sein freier Wille, und ein Gulden für das Vergnügen und ein halber Gulden für mich selbst, damit ich euch überall verkünde. Aber mir ging das Gedächtnis aus. Ich habe das nicht gelernt weder in der Kirche noch in der Schule, sondern bei den Dreschflegeln in der Scheune. Dem Hochzeitsbitter ein Fläschen Wein, etwas Kuchen, fünf Dreier und fünf Zigarren. Gelobt sei usw.

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Gelobt sei Jesus Christus! Ich bin ausgesandt zu euch, Herrschaften, nicht von mir selbst, sondern von den beiden jungen Herrschaften, damit ihr euch keinen Weg macht weder nach Lauenburg noch nach Bütow, denn darüber tut der Kopf weh nicht mir allein, sondern auch den beiden jungen Herrschaften, damit ihr euch am Montag um die achte Stunde im Hochzeitshause einstellt. Dort wird getrunken werden, dort werden sein Flaschen voll Wein und wird sein Bier und Gebäcke Brot. Danach nach dem Essen aus dem Hochzeitshause zur Kirche Gottes, aus der Kirche Gottes zum Hochzeitshause. Dort sind zwei gehörnte Ochsen, einer in der Kammer und einer auf dem Hofe, zwei verschnittene Eber, ein Mandel Gänse, fette Schäfchen für die Frauen, fette Hammel für die Männer, fette Böcke für die Herrinnen, fette Lämmer für die Mädchen. Es wird dort sein ein Mandel Sperlinge, Truthähne, und damit jeder gesund sei, werden dort sein zwei Hasen an der Wand, vielleicht bekommen wir auch von denen. Wir werden feiern Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, am Freitag werden wir fragen, ob das das Ende ist oder der Anfang. Wer sich bis zum Freitag unterhalten will, der darf den Beutel mit Geld nicht zu Hause lassen. Ich bin ein reisender Mensch und bitte, daß mein Beutel nicht leer bleibt, ich habe ein braunes Pferdchen und bitte um Hafer für dasselbe.

 


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