Zur Volkskunde
der Walddörfer.
Von
A. M. Baalk
Aus: ZEITSCHRIFT DES VEREINS FÜR HAMBURGISCHE
GESCHICHTE – BAND 35
(1935)
Trotz aller Eigenart in wirtschaftlicher und politischer
Beziehung haben die Walddörfer doch keinerlei Besonderheiten in Sitte und
Brauch, Hausbau, Hausrat und Tracht ausgeprägt, die sie neben ihrer politischen
"Insellage" auch als volkskundliche Inseln von dem umliegenden
Gebiete abgehoben hätten. Vielleicht ist nicht einmal die Kleinheit des
Bezirkes und die Abgeschlossenheit der Dörfer noch wieder unter sich schuld an
dem Mangel einer Eigenkultur - es fehlte eben an einigen der notwendigen
Bedingungen, die für das Aufkommen einer solchen Eigenkultur erforderlich
gewesen wären. Die Bauern waren nicht freie Leute auf freiem Besitz, sondern Hörige,
die nur Nutzungsrecht an Haus und Hof hatten. Mochte sich die Hörigkeit auch in
der gelindesten Form abwickeln, so ging alles selbständige Handeln der Bauern
mehr darauf ab, mit einem Höchstmaß von List, Dreistigkeit und scheinbarer
Ergebenheit den Befehlen der Obrigkeit irgendwie auszuweichen, sie
abzuschwächen oder hinfällig zu machen, anstatt zur geistigen Durchbildung der
Persönlichkeit zu dienen. Trotz jahrhundertelanger Seßhaftigkeit einzelner
Familien fehlte in der entscheidenden Zeit das Bewußtsein der Verbundenheit mit
der Scholle und das Verständnis für Tradition.
Wenngleich sich das Thema
"Volkskunde der Walddörfer durch einen Hinweis auf die gleichgeartete
Stormarner oder holsteinische Volkskunde abtun ließe, so sollen doch im
folgenden eine Anzahl volkskundlicher Belege aus den Walddörfern gegeben
werden, die ihrerseits für die noch ausstehende wissenschaftliche Volkskunde
Holsteins zu verwerten wären. Auch darum sollen diese Belege veröffentlicht
werden, weil die für die Volkskunde Schleswig-Holsteins sehr ergiebigen
"Provinzialberichte" aus dem 18. Jahrhundert, die vor einigen Jahren
daraufhin ausgewertet worden sind 1), das Gebiet der Stadt Hamburg (wie auch das der Stadt Lübeck) stets
und mit Absicht übergehen.
Von bodenständigen Äußerungen
des Volkstums in bezug auf Sitte und Brauch in den Walddörfern kann heutzutage
nicht mehr die Rede sein. Auch sind die dinglichen Altertümer selten geworden.
Es ist eine für die Volkskunde höchst beklagenswerte Tatsache, daß in den
Walddörfern, die jahrhundertelang abseits des Verkehrs, versteckt in
Waldeseinsamkeit, gelegen haben, schließlich doch das gesamte volkskundliche
Gut dahingeschwunden ist, ohne beachtet zu werden. Die verhältnismäßig
einfachen Bildungen der ländlichen Kultur dieser Gegend wurden überstrahlt von
der glanzvollen Bauernkultur der nahen Marschen, der sich die Museen, die
Liebhaber und die Maler gleich stark zuwandten.
Wir sind also im
wesentlichen auf die für unsere Zwecke nur dürftig fließenden Quellen des 18.
Jahrhunderts und auf die einzige volkskundliche Arbeit des 19. Jahrhunderts,
die das Hamburger Geestgebiet behandelt 2), angewiesen. Jene Quellen
sind die von den Waldherrn geführten Protokolle ihrer Amtsgeschäfte; das
älteste beginnt mit dem Jahre 1725 3). (Von 1728 bis 1733 ist
kein Protokoll geführt.)
1) Hans Krieg,
Schleswig-Holsteinische Volkskunde.
Lübeck 1931.
2) W. Hübbe, Einige
Mitteilungen über Kulturverhältnisse, Sitten und Gebräuche im Landgebiet der
Stadt Hamburg. Zeitschr. d. Vereins f. Hambg.
Gesch. V, S. 429 f., 1866.
3) Sie sind im folgenden zitiert: W.H.P. (Waldherrnprotokoll) und
N.W.P. (Neues Waldprotokoll).
Die
Walddörfer
Karte von 1895
I. Haus und Hof.
In einem Baukontrakt aus dem
Jahre 1789 1) finden sich zahlreiche Benennungen für Konstruktionsteile des Hauses,
sowie für Räumlichkeiten, wie Stube, Sahl, Fleth, Luchten, Kammern, Hilde,
Diele, Abseiten; die aus dem Baukontrakt zu entnehmenden Angaben entsprechen
völlig den Hübbeschen Mitteilungen
über das Bauernhaus auf der Hamburger Geest (1866).
"Sahl" ist nach Hübbe der Raum über den am Ende des
Hauses gelegenen drei Wohnstuben. Er diente zur Aufbewahrung des Obstes, des
Flachses und anderer Erzeugnisse, mitunter auch zugleich als Schlafstelle für
die Mägde. Gewöhnlich schliefen die Mägde in einer Kammer, während die Betten
der Knechte auf der Diele neben den Ställen angebracht waren.
("Bettkutzen", "Kutzen"; Hübbe schreibt
"Kuthsbetten".)
Das auch im
Baukontrakt erwähnte Fenster neben dem Herd,
durch das der Hausherr vorn Wohnzimmer aus unbemerkt die Arbeit des Gesindes im
Hause übersehen konnte, heißt bei Hübbe "Spiekerfenster".
An
Hand des Baukontraktes erhält man auch einen gewissen Einblick in
Baugepflogenheiten, Baupreise, Materialien u. a. Der Bau des neuen Hauses, zu
dem noch Materialien aus einem zu vollführenden Abbruch genommen werden sollten
stellte sich auf 3450 Kurantmark, die an den Zimmermeister zu bezahlen waren
"so als die Baumaterialien angekauft werden, aber ein Termin von 800 Mark
soll bleiben, bis das Gebäude völlig vollendet oder fertig ist".
An Baustoffen werden
genannt: Feldsteine für das Fundament,
Mauersteine ("Alles was Tafelwerk
ist wird von halben Steinen zugemauert"), Eichen- und Tannenholz, Lehm zur Ausmauerung der Scherwände, Sand, Kalk.
"Die Brandmauer soll mit Muschelkalk und etwas schwerem drunter gemauert
werden, und in den Stuben und im Fleth ist alles mit Muschelkalk anzuputzen.
Das Fächerwerk soll mit Zuckerbäcker-Kalk gemauert und abgeputzt werden. Alle
Innenwände sollen mit Lehm gemauert werden,. Die äußerlichen Fugen sollen alle
mit gutem Kalk ausgefugt werden." "Mit den Fensterrahmen haben sie
die Wahl, Blei- oder Sprossenrahmen zu nehmen, welche von gutem Eichenholz
sollen gemacht werden." "Sollen die Fenster aller Stuben von Franschen Glase, in der Kammer und im Fleth
aber von Böhmischen Glase 2) gemacht werden."
Daß neben der Füllung der
Gefache mit Backsteinen auch das Flechtwerk mit Lehmbewurf vorkam, geht aus
einer Notiz im Waldprotokoll von 1759 hervor: auf dem Ellerbrockschen Hofe in
Farmsen war die Altenteilskate in dieser
Weise aufgeführt; das Flechtwerk war aus Weiden hergestellt.
Über die Größe
eines Vollhufnerhauses wird 1773 aus Hoisbüttel berichtet: 70 Fuß lang, 40 Fuß
breit 3). 1808
Volksdorf: 123 Fuß lang, 49 Fuß breit. Farmsen, nach Gefachen gerechnet: das
Wohnhaus von 9 Fach 4).
Die Durchfahrt
zwischen zwei Gehöften heißt Twiete 5).
Im Innern des Hauses stehen
am Ende der Diele im Flett zwei mit Rauchdeckeln versehene Herde. Während in
Holstein erst 1784 durch königliche
Verordnung die Rauchdeckel über den Herden eingeführt wurden, scheinen diese
auf hamburgischem Gebiete schon früher üblich gewesen zu sein. Beim Neubau des
Wohldorfer Mühlenhauses 1733 durfte kein Schornstein seitwärts aus dem Dache
geführt, sondern es mußte ein Herd mit Rauchfang auf der Diele gesetzt werden, nach Gewohnheit der Häuser der Hausleute 6) (Vgl. Melhop, Die Alster, S. 320).
Die Herde waren
vielfach mit einer inneren Eisen- und einer äußeren hölzernen Tür versehen 7).
Vom Herd aus
wurden die Ofen in den Stuben geheizt.
Zumeist waren die Ofen eiserne Kästen auf gemauertem Sockel. In Ohlstedt ist ein Fayenceofen mit
figürlichen Darstellungen auf den Kacheln erhalten. Offenbar ist der Ofen aus
den Kacheln zweier verschiedener Ofen zusammengesetzt.
Als Giebelzeichen findet sich in allen Walddörfern der vierkantige
Pfahl, der zumeist mehrfach gekehrt ist. Die Verschalung zwischen den
Windbrettern zeigt ausgesagte Tulpen, Halbkreise,
Herzen usw. oder ist schmucklos.
Da sich
Inschriften und Ornamente, die in ganz Stormarn selten sind, an unseren
Bauernhäusern nicht finden 8), so haben wir in den Giebelzeichen die einzigen
schmückenden Zutaten zu erblicken. Lediglich dreimal ist das Schmuckmotiv der Steinversetzung in sehr bescheidenem Maße
verwendet: in Volksdorf an der Scheune der Oberförsterei, Farmsener Landstraße
(s. Abbildung 1-3), und am Vollhuferhaus "Im alten Dorf" Nr. 48 9), in Wohldorf am
Verwalterhaus beim Kupferhof.
Ob beim Beziehen
eines neuen Hauses auch in diesen Dörfern die Sitte des Fensterbieres bestand,
ist nicht bekannt. Gemalte Scheiben
sind nicht mehr vorhanden; eine Nachricht im Waldprotokoll 10), daß das 1633 von der Stadt
Hamburg erbaute Haus des Schleusenmeisters zu Poppenbüttel ein Dielenfenster
mit dem Wappen der Stadt nebst der Jahreszahl hatte, ist nicht gerade als Beleg
für das allgemeine Vorkommen gemalter Scheiben zu werten.
Manche
Häuser trugen nach ihren Bewohnern oder nach ihrer Lage besondere Namen.
Sohrenkate (Ohlstedt), Schwenkate (Farmsen), Holländerkate (Ohlstedt), Kiekut,
Lohhof oder Luisenhof (Farmsen).
Auf der Hofstelle standen in
der Regel außer dem Wohnhause noch eine Scheune, ein Backhaus und die
Altenteilskate. Statt des Backhauses
wird zuweilen auch nur ein Backofen
erwähnt.
Über die Brunnenanlagen ist zu sagen, daß zumindest
in älterer Zeit der große Ziehbrunnen in Gebrauch war, denn 1741 z. B. wird dem
Vogt in Farmsen eine Eiche als Sodstütze überlassen. - Auf einer alten Karte
von Farmsen (1704) sind auf zwei Hofstellen kleine Teiche eingezeichnet, die
heute nicht mehr vorhanden sind. Vielleicht handelt es sich hier um
Feuerlöschteiche.
Der Hof und der
anschließende Garten waren, wie in ganz Holstein üblich, mit Zäunen von
geflochtenem Busch befriedigt, wofür ausreichend (schriftliche) Belege vorhanden
sind. So 1635, Gut Wohldorf 11): "Den Busch zu seiner
zeunen nothdurft mag er aus seinen wischen hauen lassen". 1604, Vorwerk in
Farmsen 12): "Ock is he nicht mechtig hollt tho siner Vüringe edder anders
tho houwende, vthbenamen den struck, den he tho den tun en uth dem angehörigen
ellernbuske van naden hefft“. - Ein Knick auf dem Wohldorfer Feld ist
"teils ein lebendiger, teils von Flechtwerk gemacht" 13). 1742 werden derartige
Zäune im Waldprotokoll als "Hakelwerk" bezeichnet 14).
Besonders in Volksdorf, das
durch reichliches Vorhandensein von Findlingen ausgezeichnet war 15), sind die Höfe zum Teil
noch heute mit Felsenmauern umgeben.
Im Garten stand vielfach ein
Bienenschauer. Die "Beschreibung der umb Hamburg gelegenen
Geistdörfer" aus der Mitte des 17. Jahrhunderts erwähnt von Volksdorf:
"Die Volksdorfer haben gute Nahrung, Schafe und Immen". - Farmsen 1810 im Inventar einer Hufe: "2
Bienenstöcke". Flurname: Immshören, Ohlstedt.
Was etwa an
Obstbäumen vorhanden war, überliefert ein Inventar von der Wohldorfer
Schleuse. Im Garten des
Schleusenmeisters befanden sich 1775:
1 franscher Apfelbaum, 1
Süßer Apfelbaum,
2 Pison Apfelbäume, 1
Caesarinen Birnbaum,
1 Paspomme Apfelbaum, 1
frühzeitiger Birnbaum,
1 Cantor Apfelbaum, 1
Sandbirnbaum 16).
1 Loskrieger Apfelbaum,
________
1) im Besitze von Herrn
Otto Eggers, Farmsen.
2) grün schillernd.
3) W.H.P., Bd. 4, S. 74. W. H. P., Bd. 4, 8. 74.
4) Neues Waldprotokoll, Bs. 2, S. 285.
5) W.H.P., Bd.4, S. 163, 1775.
6) Kontraktenbuch der Kämmerei, Lit. H, S. 49.
7) Neues Waldprotokoll, Bd. 2, S. 285, 1808 (Volksdorf)
8) An einem Hause in Ohlstedt eine große, aber kaum mehr zu
erkennende Jahreszahl im Lehmbewurf, beginnend mit 17.
9) Freundliche Mitteilung von Herrn Paul Rolle in Volksdorf
10) W.H.P., Bd. 1, S. 337, 1742.
11) Kontraktenbuch der Kämmerei.
12) Kontraktenbuch der Kämmerei, Lit. A,
S. 183.
13) W.H.P., Bd. 2, S. 289, 1751.
14) W.H.P., Bd. 1, S. 337,
1742. Zäune von Buschwerk wurden auch für die in
die Mast getriebenen Schweine errichtet.
"Harm Wagner sagt auf Befragen wegen des Mastwesens aus, daß zuerst
ein Wreed-Kaven (i. e. eine Bezäunung von Buschwerk, worin die Wreed [i. e.
eine Drift von Schweinen] des Nachts eingetrieben wird, damit sie nicht
verlaufen) gemacht wird usw." (W.H.P., Bd. 1, S. 339, 1742).
Einen interessanten Beleg
aus der Gegend gibt Eickhoff,
Wandsbek II, S. 109, Pachtvertrag von 1572: "Dat hollt schall he nicht
gebrucken, sondern (ausgenommen) de wichelen to den tuenen". Die zum
Reckenbinden benutzten Weidenruten waren nach einer Bemerkung des Reinbeker
Amtsschreibers in hiesiger Gegend ziemlich selten.
15) aus Volksdorf holte man z. B. 1751 Felsen zur Fundamentierung der
Michaeliskirche in Hamburg (W.H.P., Bd. 2, S. 307).
16) Man vergleiche hiermit die von Finder aus den Vierlanden mitgeteilten
Obstsorten (Bd. 1, S. 290). Wir finden dort ebenfalls den Kriegerapfel, den
Kantorapfel, den "franzschen" Apfel und die Sandbirne.
II. Acker- und
Wirtschaftsgerät.
Dadurch,
daß Inventare und Ehezärter in Abschrift in die Waldprotokolle eingetragen
wurden, sind uns diese Dokumente überliefert, während die Originale in den
Händen der Familien bis auf wenige verlorengegangen sind.
Vom Jahre 1779 ab wurden
Ehezärter und Hausbriefe in ein
besonderes Buch eingetragen, das den Titel "Neues Wald-Protokoll"
führt (W.H.P., Bd. 4, S. 345).
Nun scheint es allerdings,
als ob man bei Abfassung der Inventare, auch wenn sie nicht unter einer Rubrik
"Diverses Gerät" oder ähnlich manches verbargen, hier und da nicht
alles anführte, so daß man fast in jedem Inventar irgendeinem Gerät begegnet,
das in den andern nicht erwähnt ist: so findet man Feuerstülpen z. B. nur in zwei Inventaren, obgleich sie eben doch
sicher auf jedem Herde vorhanden waren. Auch Mangelhölzer sind selten erwähnt 1).
Die Inventare nennen außer
Pflug und Egge insbesondere die Wagen. Außer den Stuhlwagen für Ausfahrten
werden Schiebewagen und Blockwagen angeführt. Blockwagen erklärt das
Lüneburger Heimatbuch (Bd. II, S. 395) als Wagen, "die starke Felgen ohne
Reifen und hölzerne, allerdings mit Eisenschienen verstärkte Achsen
hatten". Wenn die Wagen gelegentlich als "Bauwagen" bezeichnet
werden, so bedeutet das nur Ackerwagen (ebenso "Bauland" für
Ackerland). Schmalenbeck 1815: "zwei mit Eisen beschlagene Ackerwagen, ein
Blockwagen ohne Eisen" 2). Ohlstedt 1758: "drei beschlagene und ein
Block Wagen" 3).
Ein Wirtschaftsgerät, dessen
Gebrauch allerdings von der Obrigkeit untersagt wurde, waren die "Quermühlen" (richtiger Quernmühlen),
auf denen man unter Umgehung des Mühlenzwanges im eigenen Hause Korn, Malz,
Graupen und Bohnen mahlte 4).
Wann die "Staubmühlen" zur Reinigung des
ausgedroschenen Korns eingeführt wurden, ist nicht auszumachen. 1823 findet
sich eine aus Farmsen verzeichnet.
Zum Loslösen der
Plaggen 5) bediente man sich eines "Plaggeneisens" (so z. B. W.H.P.
1760 aus Hoisbüttel). Der alte Name für
dieses Gerät war jedoch "Quicke".
Zum Torfstich diente der Torfspaten 6). Neben dem Torfstich wurde
das Torfstreichen 7) betrieben 8).
Für den Wirtschaftsbetrieb brauchte man Maße und Gewichte: Himpten-,
Spint- und Scheffelmaß und "Wagebalken mit 2 Schalen und Gewichten".
Auch der Besemer ist uns aus Inventaren belegt. - Erwähnenswert ist eine eiserne Elle 9).
Unter dem Besitztum, das der
Mann mit in die Ehe brachte,
erscheint des öfteren ein "großer kupferner Braukessel nebst zubehörigen
Küven und Bierkannen" 10).
Ganz vereinzelt steht die
Erwähnung von " zwey Winden zum
Spahn-Reißen" (Groß Hansdorf 1780, N.W.P., Bd. 1, S. 41).
________
1) Meiborg, Das Bauernhaus im Herzogtum
Schleswig, S. 87, gibt auch an, daß man unansehnliche Dinge nicht in die
Verzeichnisse aufnahm.
2) N.W.P., Bd. 2, 8. 436/37.
3) W.H.P., Bd. 3, S. 4.
4) W.H.P., Bd. 1, S. 108 und 109, 1735.
5) Plaggen = platte Rasen oder Erdschollen, die mit einer breiten
Querhacke gehauen und von Landleuten zur Deckung der Hütten und Koven, wie auch
in den Mieten zur Vermehrung des Mistes gebraucht werden (Schütze, Holst. Idiotikon).
6) W.H.P., B d. 2, S. 314, 1751, S. 336, 1753.
7) Vgl. Niemanns
Vaterländische Waldberichte (Bd. 2, IV., S. 179).
8) W.H.P., Bd. 3, S. 193,
1765.
9) W.H.P., Bd. 4, 8. 87, 1773
10) W.H.P., Bd. 1, S. 392f., 1756.
III. Küchen- und Hausgerät.
Das von der Frau benutzte
Küchengerät war - abgesehen von den nicht erwähnten "allerhand
Kleinigkeiten" etwa folgendes: 2 und mehr Kupfer- und Messingkessel
verschiedener Größe, die ständig zur Aussteuer gehörten. Ausdrücklich wird einmal bemerkt: "anstatt der Kessel und des hölzernen
Hausgerätes bare zehn Reichsthaler" 1). Dankenswert ist die
Mitteilung. "ein kupferner Kessel im Gewicht von 7 Pfund 2), ein anderer von 9
Pfund" 3). Große Kessel wogen 15 bis 20 Pfund 4).
Bei einem Brinksitzer in
Volksdorf fanden sich 1776 "ein kupferner Kessel und 7 diverse messingne
Kessel" 5).
Eine Braut bringt 1756 mit:
"einen mittelmäßig großen kupfernen Kessel, 3 Messingkessel groß und
klein" 6).
In einer Ohlstedter Vollhufe
fanden sich 1774" ein großer kupferner Tiegeltopf, ein kleiner dito und
ein großer kupferner Kessel". Das
Kupfer wiegt 20 ff. Ferner: "ein messingner Kessel, ein
dito kleiner und vier dito noch kleinere". Das Messing ist an Gewicht 20 ff
7).
Zum Bereiten von Speisen, die
nicht sauer waren, konnte man sich der eisernen
Grapen bedienen 8). So gehören auch diese vielfach zur Aussteuer. -
Auf dem Herde im Verwalterhaus der Kupfermühle zu Wohldorf hängt ein ovaler Eisengrapen.
Als Herdgerät seien noch die
Feuerstülpen genannt 9).
Röste, Durchschlag, Seifaß,
Trichter, Reibe und gelegentlich auch die Kaffeekanne waren aus Messing
(messingne Kaffeekanne z. B. W.H.P., Bd. 4, S. 242, 1776; für das übrige:
W.H.P., Bd. 4, 1775).
Als Tischgerät bringt die
Braut des Schleusenmeisters bei der Neuhäuser Schleuse zu Wohldorf 1775 2 1/2
Dutzend Teller aus Steingut und 16 Schüsseln, gleichfalls von Steingut. - 1786
werden einmal „15 Stück spanisch Steinzeug"
erwähnt 10).
Unter
"einigen hölzernen Tellern" 11) möchte man vielleicht nur
die sogenanntes Bricken verstehen, wenn nicht FINDER aus den Vierlanden von
hölzernen Tellern berichtete, die bis weit über 1850 hinaus ausschließlich
benutzt wurden.
Im Nachlaß der
Schleusenmeistersfrau zu Wohldorf 1775 finden sich zwar 16 Zinnteller und 11
Löffel von Zinn, im übrigen scheint jedoch das Zinngeschirr im 18. Jahrhundert
schon selten zu sein: "zwei zinnerne Suppenkummen, 3 zinnerne
Schüsseln"; ein andermal "l zinnerne Schale“, "zwei zinnerne
Schüsseln" (Farmsen, Nachlaß, 1795).
Neben "16
steinernen Krügen mit Zinndeckeln" erscheint in dem obenerwähnten Nachlaß
nur 1 Zinnkrug, ferner 1 zinnerner Teetopf.
Bemerkenswert
ist das Vorkommen einiger Maßgefäße: "l zinnern halb ösel Maß" 12), "l zinnern
Quartirsmaß".
Zum hölzernen Küchengerät
gehören insbesondere das Butterfaß und die Milcheimer, die beide noch mit den
alten mittelniederdeutschen Bezeichnungen kar (n.) und tine (f.) angeführt
werden: "ein Butter-Karn und 2 Tiengens" 13). Neben den
"Milchtienen" gab es "Honigtienen" und
"Mehltienen" 14).
Zum hölzernen
Küchengerät zählt auch der "Backeltrog", zu dessen Herstellung man
den Waldherrn oftmals um Ausweisung einer Eiche bat. - "ein großer büchen
Backeltrog" (W.H.P., Bd. 4, S. 75, 1773).
________
1) W.H.P., Bd. 3 S. 228, 1767 (Volksdorf).
2) W.H.P., Bd. 2, 8. 364, 1753 (Ohlstedt).
3) N.W.P., Bd. 1, S. 242, 1786.
4) N.W.P., Bd. 2, S. 138, 1800.
5) W.H.P., Bd. 4, S. 241.
6) W.H.P., Bd. 1, S. 392.
7) W.H.P., Bd. 4, S. 101. Das
Waldprotokoll von 1759 verzeichnet, daß der Händler Matthias Levels vom
Bürgermeister die Erlaubnis bekommen hat, im Hamburger Landgebiet mit Sensen
und Kesseln zu handeln (W.H.P., Bd.
3, S. 42).
8) D. G. Eimbke, Privatdozent in Kiel: Etwas über
unser KüchenGeschirr. - Schlesw.-Holst. Provinzialberichte 1794, Heft 5, S. 213: "eiserne Grapen...., welche,
damit das Essen nicht schwarz wird
und auch der mehreren Reinlichkeit wegen,
inwendig ausgedreht werden können.
Das erstere kann man auch durch sorgfältiges Auskochen mit Kuhmist, wie
mich einige Hausmütter versichert haben, bewirken". Von diesem probaten Mittel erzählte mir 1932
auch Frau Schilling-Ohlstedt.
9) W.H.P., Bd. 4, 8. 87, 1773 (Ohlstedt). N.W.P., Bd. 1, 8. 241, 1781.
10) N.W.P., Bd. 1, S. 242. Irdenes Gut, sog. "spansche Fööt", bemalte
Teller und Schüsseln verschiedenster Herkunft.
FINDER, Die Vierlande.
Aus einem Pinneberger
Inventar 1769: "6 Spanische Schüßel, 12 kleine Spanische Teller". - Ehlers, Geschichte und Volkskunde des Kreises Pinneberg, S. 442, 1922.
11) W.H.P., Bd. 3, S. 63f., 1760 (Nachlaß, Hoisbüttel).
12) Mittelniederdeutsch: össelmät, össel, ein kleineres Maß (=1/2 Quart). Lübben-Walther.
13) W.H.P., Bd. 3, S. 63 f., 1760 (Hoisbüttel).
14) (Wohldorf).
IV. Möbel.
Wenig aufschlußreich sind die Verzeichnisse hinsichtlich der Möbel. Es
werden die auch sonst üblichen Stücke angeführt, wobei teilweise angegeben ist,
ob sie aus Eichen- oder Föhrenholz bestehen: das Schapp, die Lade (die Kiste),
der Koffer ("2 fuhren Coffres mit eisern Beschlag" 1), die Bank, der Tisch und
die Stühle. "Ein eichener Tisch,
der an beiden Enden ausgezogen werden kann" 2). - Einen bemalten
Klapptisch aus Duvenstedt bewahrt das Museum für hamburgische Geschichte.
"4 hölzerne Stühle"; "2 lederne und 2 besen
(binsengeflochtene) Stühle"; "6 Stück juchtene Stühle" 3).
Bank und Stühle wurden mit
(selbstgewebten) Kissen belegt, wie deren regelmäßig ein halbes Dutzend und mehr in der Aussteuer erscheinen.
1772: "16 Stuhlkissen " 4).
Es
gibt in der Stube auch Bänke, die an der Wand befestigt sind (so Schmalenbeck
1784, Volksdorf 1808).
Die
bereits erwähnte Braut des Schleusenmeisters zu Wohldorf, die aus Bargteheide
stammte, und deren Mitgift in manchen Dingen auffallend erscheint, bringt 1775
"drei eichene Laden, 1 Eckschrank und 3 Spiegel,
groß und klein".
Als ein Küchenmöbel ist eine Richtbank
(Anrichte) von Eichenholz zu erwähnen 5).
________
1) W.H.P., Bd. 3, S. 186, 1764 (Volksdorf).
2) W.H.P., Bd. 4, S. 242, 1776.
3) W.H.P., Bd. 3, S. 251, 1765.
4) W.H.P., Bd. 4, S. 49.
5) W.H. P., Bd. 3, S. 253 , 1765 (Wohldorf).
V. Leinenzeug.
Rang und Stand prägen sich recht deutlich in der
Menge des in die Ehe eingebrachten Leinenzeuges aus. Als die mindeste Stückzahl
für jede Sorte erscheint bei Vollhufnersfrauen 12, eine Summe, die aber auch von
Halbhufnersfrauen aufgebracht wird (so Hoisbüttel 1765). Bei den ersteren
steigert sich die Zahl jedoch: 1763, Groß-Hansdorf: "an Leinen aller Sorten 18
Stück". 1766, Volksdorf: "standesgemäße Aussteuer, und zwar von jedem
24 Stück" (so auch in Farmsen 1706). 1766, Farmsen: hier ist die Stückzahl
nicht einheitlich "28 Tafellaken, 8 Bettlaken, 16 Kissenbühren, 16
Handtücher". Zu dieser Aussteuer
an fertigen Stücken kommt noch ein beträchtliche Vorrat unverarbeiteten
Leinens: "109 Ellen flächsern, 341 Ellen hänfern, 323 Ellen heeden Leinen,
29 Ellen Drell".
Im
Nachlaß einer Farmsener Hufnersfrau finden sich 1795 neben dem fertigen Zeug
"5 Bolten flächsern, 3 Bolten 1) hänfern und 1 Stuben
flächsern Leinen".
Im Verzeichnis des Nachlasses einer Altenteilsfrau zu Hoisbüttel 1760
ist auch der Vorrat an Flachs und Garn angeführt: "18 ff Flachshede, 13 ff Flachs, 14 ff hanfen Garn".
__________
Selbstverständlich
sind in jedem Hause das Spinngerät und die Gerätschaften zur Flachsbearbeitung
vorhanden: Brake, Schwingblock, Spinnrad, Haspel, Garnwinde.
Das Spinnrad wird in den
Eheverträgen kaum jemals erwähnt; ob es bei der Einbringung der Aussteuer eine
gleich bedeutende Rolle gespielt hat wie in andern Gegenden, wo es geschmückt
womöglich als erster Gegenstand in das Haus eingeführt wurde, ist nicht
bekannt. In den Ehezärtern erscheinen vielmehr die Kupfer- und Messingkessel
als ein stets wiederkehrender und anscheinend sehr geschätzter Teil der
Aussteuer.
Daß in den Walddörfern Hausweberei
betrieben wurde, ist nicht anzunehmen, wenngleich "eigengemachtes
Zeug" erwähnt wird; man sollte dann schließlich in den Inventaren einmal
einen Webstuhl verzeichnet finden. - Hier dürfen vielleicht die
"Erinnerungen einer 87jährigen Greisin" aus Jersbek, die 1927
veröffentlicht wurden 2), herangezogen werden. Es heißt dort: "In jedem
Dorfe gab es einen Weber, der mit der Verarbeitung des (selbstgewonnenen)
Flachsgarns und der Wolle vollauf beschäftigt war." - Berufsmäßige Weber
gab es nachweislich auch in den Walddörfern (so in Farmsen 1838).
Auf
den Anbau des Flachses deuten u. a. auch Flurnamen wie "das
Flachsland" in Wohldorf, "Flachsböcken" (zweimal), "Flachslandhören",
"Auf dem Flachsland" (zweimal) in Groß Hansdorf hin.
Ferner mag der Passus eines Altenteilsvertrages von 1758
aus Ohlstedt erwähnt werden: "Wann ein Flachs-Blick aufgenommen wird, so
haben abtretende Altenteilsleute freie Macht, 2 Spint Flachssamen mit darauf zu
säen" 3).
Auf
den Anbau von Hanf deutet der Flurname "auf dem Hempenkamp" in
Volksdorf.
In
einem Altenteilsvertrag aus Hoisbüttel 1764 wird dem Altenteiler soviel
Gartenland zugewiesen, als zu 2 Spint Hanfsamen benötigt werden.
Unter den an die Kirche zu entrichtenden
Abgaben befanden sich alljährlich "20 Risten Hanf" (Farmsen 1743).
Das
Inventar des Farmsener Herrenhofes verzeichnet 1680 "2 Stücke im Dorfe zu
Leinsamen". Ebenso noch 1837 in Farmsen (Luisenhof): "l Stück Garten
mit Leinsaat“.
Ob
der Rodieck in Wohldorf, der gelegentlich auch Rötheteich genannt wird, mit dem
Röten des Flachses zu tun hat?
Das
Braken des Flachses geschah im Herbst
im Anschluß an das Backen. In dem warmen Backofen wurden die Stengel trocken
und spröde. Zumeist war das Braken eine Gemeinschaftsarbeit mehrerer Nachbarn,
und zwar der Männer.
Ein
gravierender Bestandteil der Aussteuer war das Bett. Wir lesen in den Eheverträgen:
1756: "an aufgemachten Betten mit allem
Zubehör: zwey" 4).
1763: Hansdorf: "ein aufgemachtes
Bett mit 6 Kissen" 5).
1764: Hoisbüttel: "ein
Bett mit 4 Kissen" 6).
1765: Hoisbüttel: "l aufgemachtes
Bett mit 12 Kissen" 7).
1791: "ein Bett,
bestehend aus einem Zudeckebett, einem Unterbett, einem Pfühl und sechs
Kissen" 8).
Der
schon mehrfach erwähnte Ehevertrag des Wohldorfer Schleusenmeisters gibt auch
einen "messingnen Bettwärmer" an. - Feuerkieken sind zum Teil noch heute in
Gebrauch: ich sah in Farmsen hölzerne, mit einer Kachel bedeckte, aus Rahlstedt
eine runde eiserne, deren dreieckige Luftlöcher ein einfaches Ornament ergaben
(s. Abb. 4).
Auch im Wohldörfer Herrenhaus waren laut dem Inventar Abb. 4 von 1808 2 Feuerkieken vorhanden, die dort
unter dem hölzernen Küchengerät
aufgeführt sind.
________
1) "ein Stück aufgewundener Leinewand, wie es unverschnitten
verwahrt wird" (Schiller-Lübben).
2) Stormarnische Heimatblätter, Nr. 50.
3) W.H.P., Bd. 3, S. 5.
4) W.H.P., Bd. 1, S. 392.
5) W.H.P., Bd. 3, S. 134.
6) W.H.P., Bd. 3, S. 152.
7) W.H.P., Bd. 3, S. 225.
8) N.W.P., S. 377.
VI. Kleidung.
Aus
den Walddörfern wird als einziges Trachtenstück in einer öffentlichen Sammlung
eine Frauenhaube aus Volksdorf
aufbewahrt (Museum für hamburgische Geschichte). Daß sich in privatem Besitz
noch Stücke befinden, ist kaum anzunehmen.
Bilder von Walddörferbauern aus dem 18. und 19. Jahrhundert gibt es
nicht. Im Suhrschen „Ausruf“ sind nur Geestleute aus den westlich von Hamburg
gelegenen Dörfern, wie Rellingen und Niendorf, abgebildet. Chr. Suhr hat ferner in einer
Federzeichnung "Geestbauern" dargestellt, jedoch ohne daß man ihre
Herkunft angeben könnte.
Johann Klefeker hat auf einer Karte von Wohldorf (1736) in
die Vignette eine männliche Figur gemalt, die vor einem Hintergrund von
Kornähren steht (s. Abb. 5). Da die kleine Zeichnung sicherlich Beziehungen zu
der dargestellten Gegend haben soll (so z. B. ja auch der Bär als redendes
[wenn auch falsch verstandenes] Wappen für die Bähr, Berne auf der Karte von
Berne 1751), so darf man vielleicht auf einen Landmann der Gegend schließen. Er
trägt einen rosaroten Rock, blaue Kniehosen und Strümpfe, Schnallenschuhe und
einen schwarzen Dreimaster. Die Tracht entspricht durchaus den beispielsweise
auf den Fensterbierscheiben anderer Gegenden vorkommenden Bauerntrachten.
Leider sind ältere Nachrichten, wie sie z. B. für das nahe Tremsbüttel
noch aus dem 17. Jahrhundert vorliegen, nicht vorhanden. - Allgemein
holsteinisch ist das Bauernpaar, das auf dem Holzschnitt in der Westphalenschen Ausgabe von Rantzaus "Cimbriae Chersones"
(1739) abgebildet ist (Abb. 6).
Immerhin ist die eigentliche Blütezeit der ländlichen Trachten ja auch
erst die Zeit des 18. und 19.
Jahrhunderts. Aus dem Jahre 1765 nun enthalten die Waldprotokolle die
Abschrift eines Ehekontraktes aus Groß Hansdorf, der in bezug auf die
Frauenkleidung der Gegend ein höchst anschauliches Bild gewährt und die
fehlenden Abbildungen nahezu ersetzt. Es ist ein ungemein schätzenswertes
Dokument, das uns - einzig in seiner Art - in dem Verzeichnis der Mitgift die zehn Kleider der Braut, jedes einzeln in
seinen Bestandteilen, aufführt. Zur Ergänzung des hierdurch gewonnenen Bildes dienen
uns dann weitere Verzeichnisse, die allerdings nur Namen und Stückzahl der
einzelnen Dinge angeben 1).
Durch Vergleich mit Trachten aus dem Umkreis von Hamburg, bei denen
neben den überlieferten Bezeichnungen auch die Dinge selbst erhalten sind, wird
manches Stück aus unseren alten Verzeichnissen lebendig; freilich bleibt auch
dies und jenes unerklärt.
Sehr
einheitlich - vielleicht mit Ausnahme der Frühzeit um die Mitte des 18.
Jahrhunderts - erscheint das Bild, das sich uns für die Tracht der Walddörfer
darstellt, allerdings nicht. Alle Arten Stoffe und Farben finden sich. Der
"Aufbau" der ganzen Tracht entspricht dem üblichen: Rock, Futterhemd
(Bluse), Hemd, dessen Ärmel und Halspartie zu sehen waren, Brusttuch und
Kopfbedeckung in Form von Hauben, Mützen, Hüten oder Kappen. Ein wichtiges
Stück der alten Tracht ist ferner der Platen, die Schürze.
Die
Kleidung des Mannes wird uns deutlich aus zwei Nachlaßverzeichnissen des Jahres
1786 (Farmsen und Hoisbüttel). Die Erwähnung silberner Knieschnallen bezeugt
das Tragen von Kniehosen
Die Arbeitshosen waren
übrigens von Leder. Die im Verzeichnis erwähnten schwarzen Röcke dürften
Schoßröcke gewesen sein, die für Festtagsgebrauch bestimmt waren. Das
"Brusttuch" ist die Weste (vgl. Heckscher,
Volkskunde der Provinz Hannover, Bd. 1), Wir haben hier das bekannte Bild der
roten Weste, die mit zwei Reihen blanker Knöpfe besetzt ist. ("Ein roht
Scharlacken Brusttuch mit 18 Stück
platte silberne Knöpfe-" - "18 silberne Brusttuchknöpfe.")
Unter den Stoffnamen befinden sich manche eigenartige, schwer oder gar
nicht zu erklärende: kamelotten 2), triptrappen 3), sarsen 4), schachereng 5), raßmohren 6), Rassesillen 7). Viele der Namen sind
französischer Herkunft, zum Teil in Aussprache und Schreibweise arg entstellt.
"Eigengemachtes Zeug" wird besonders erwähnt. Im übrigen
handelt es sich nicht etwa nur um grobe Stoffe, im Gegenteil: Damast, Seide und
Kammertuch 8) (eine sehr feine Leinwand) werden neben Beiderwand, Kattun, Laken, Flanell, Barchent und Baumwolle erwähnt.
Schulter und Rücken bedeckte das Hals-
oder Schultertuch. Die Jacke wurde von
einem Gürtel (Leibband)
zusammengehalten; wir hören von "schwer sammitschen und von silbernen
(silbergewirkten) Gürteln; ferner "ein Leibband von einer silbernen Tresse mit einer silbernen
Schnalle" 9).
Von den
kleidsamen Mützen hatte jede Frau eine
ganze Reihe nach Farbe und Güte verschiedener. Im Nachlaß einer Instenfrau
finden sich 1788 sieben, in dem
einer Hufnersfrau 1795 acht Stück. Die Hansdorfer Vollhufnersfrau, deren Kleiderverzeichnis
von 1765 wir zu Eingang erwähnten, brachte neun Mützen mit in die Ehe. -
Aufbewahrt wurden sie in den bekannten Spanschachteln, die hier wie in ganz
Norddeutschland aus den thüringischen Ländern eingeführt wurden.
Das
Verzeichnis von 1765 gebraucht zweimal den Ausdruck "Hüllen". Die eine der Hüllen ist mit
Kanten (Spitzen) besetzt. Offenbar handelt es sich hier um Mützen, die etwa der
frühen Form der Hüllen des Bremer Landgebiets entsprechen (vgl. Focke, "Niedersachsen", 1920,
S.266) und bei denen wahrscheinlich keine "Hauben" getragen wurden. -
Unverständlich bleibt die Bezeichnung "kattuner Kapp-Hüllen" (1793) 10).
Im übrigen wurden die Mützen
wohl wie andernorts in Verbindung mit den leinenen Hauben getragen, derart, daß erstere auf dem Hinterkopf über den
Hauben saßen, wobei die letzteren zudem noch etwa eine Handbreit vor dem
Gesicht vorstanden.
Von den etwa zwanzig in den Verzeichnissen
aufgeführten Mützen sind die meisten aus Damast, einige aus Brokat, Seide,
Sammet und Moire. Die meisten sind mit Silber, einige mit Gold besetzt. Daneben
gab es auch einfachere ohne den Aufwand mit Silber und Gold. Die schwarzen Mützen wurden sicher bei Trauer
getragen, wenngleich in der frühen Zeit der Tracht sich allgemein sehr viel
schwarze Kleidung findet. Ob die aschgrauen
wie in anderen Gegenden bei Halbtrauer getragen wurden, ist uns nicht bekannt.
Neben den schwarzen und aschgrauen werden blaue und
braune Mützen genannt.
Wie die
erwähnten sammetnen "Kappen" aussahen, ist nicht ersichtlich. J. Focke erzählt von den Samtkappen des
Bremer Landgebiets, daß sie bis zur Hüfte reichten und den Rest des alten
Hoikens (Regenmantel) der Städterinnen bildeten 11).
An
Kopfbedeckungen werden ferner außer Kopftüchern
noch genannt: in einem Verzeichnis von 1788 ein Strohhut, in einem solchen von 1795 zwei Mertelhüte. Finder
berichtet von den bekannten Rundhüten der Vierländerinnen, daß diese "aus
dem auf Wiesen, an Deich- und Grabenrändern wachsenden Wiesen- und Rispengras,
‚Meddel’, Poa pratensis L., angefertigt" wurden. Man möchte annehmen, daß
der Pflanzenname "Meddel"
in der Bezeichnung "Mertelhüte" enthalten ist.
Ganz erstaunlich ist, was in den erwähnten
Verzeichnissen an Silberschmuck
erwähnt ist. Schon unter den Mützen begegnen einige mit Silber und Gold, Gürtel
sind silbergewirkt, seidene Kragen mit Silber kommen vor, aber mehr noch
interessieren die silbernen Knöpfe, Hemdspangen, Knieschnallen und
Mantelschließen.
Insbesondere
sind hier vier Verzeichnisse des Nachlasses von Männern aufschlußreich, nämlich
eines Vollhufners in Hoisbüttel (1786), eines Kuhhirten in Farmsen (1786),
eines Schleusenmeisters in Mellenburg (1797) und eines Bauernvogtes in Hansdorf
(1815) 12).
Vollhufner (Hoisbüttel):
1 roht Scharlacken Brusttuch
mit 18 Stück platte silberne Knöpfe.
Kuhhirte (Farmsen) 13):
30
silberne Futterhembdsknöpfe,
18 dto. Brusttuchknöpfe,
2 dto. Knieschnallen,
2 dto. Schnallen
mit stählen Bügels,
2 dto. Schu-Schnallen,
1 dto. gedoppelten
Hemtknopf,
1 dto. Hembsschnalle,
2 dto. Hembsknöpfe.
Schleusenmeister (Mellenburg):
24 Stück
silberne Knöpfe,
24 Stück
runde silberne Knöpfe 8 Loth,
18 kantigte dto. 6
30 hochrunde dto. 8
1 Paar
silberne Schuhschnallen und
1 Paar
Knieschnallen 7
1 goldene
Litze um Hut 4
1 silberne
Hutschnall 2
10 Stück
silberne Knöpfe 4
9 Stück
silberne Eßlöffel.
Bauernvogt
(Hansdorf):
1 silberne
Taschenuhr,
1 Paar
silberne Schuhschnallen,
1 Paar
silberne Knieschnallen,
12 silberne
Eßlöffel,
1 großen
silbern Potagelöffel,
1 silberne
Schupftabaksdose,
12 silberne
Eßlöffel (siehe oben!),
12 silberne
Teelöffel.
Mit dem "gedoppelten Hemdknopf " (Trensen) wurde das
Männerhemd oben am Halse geschlossen, die einfachen Hemdknöpfe dienten wohl -
wie andernorts - zum Verschluß der Arbeitshemden.
Auch das Frauenhemd wurde am
Halse mit einer silbernen Hemdspange zusammengehalten. Das Futterhemd (Bluse)
der Frau war häufig mit silbernen Knöpfen besetzt 14), Mantel und Gürtel waren
mit silbernen Haken geschlossen. Auch das Schloß an Halsketten wird als silbern
bezeichnet.
Die Kette selbst ist eine Korallenkette,
worunter man jedoch in diesem Falle nicht den bekannten roten Schmuck, sondern
Bernstein zu verstehen hat, wie solche Ketten einst in einem großen Teile
Niederdeutschlands bis nach Hessen hinein getragen wurden. (Farmsen 1788,
N.W.P., S. 320); ein zweites Mal a. a. 0., S. 424, 1793: "3 reihen
Corallen mit silbern Schloß").
Die Frau des
Schleusenmeisters in Wohldorf, die aus Bargteheide stammte, besitzt 1775 zwölf
Reihen Halsgranaten und zwei Reihen Halsperlen. Auch hat sie goldene Ohrgehänge
15).
Vielfach waren die
Gesangbücher mit Silber beschlagen 16).
Auch der Spitzen muß als
einer Kostbarkeit noch gedacht werden. Wir finden sie an den Hauben, an den Halstüchern
und an Manschetten der Hemdärmel. (Auch bei Kissenbezügen kommen sie vor.) Sie
werden in den Verzeichnissen mit der in den Niederlanden üblichen Bezeichnung
"kanten" angeführt.
Es ist schade, daß uns außer
diesem schriftlichen kein Zeugnis von der Tracht unserer Gegend erhalten ist.
Ein kleiner Beleg für den künstlerischen Sinn der hiesigen Bevölkerung ist uns
mit ihnen wenigstens überliefert. Die Farbenzusammenstellung, wie sie sich in
der Besehreibung der Kleider dokumentiert, und die wenigstens in der frühen
Zeit der Tracht eine sehr harmonische und dezente gewesen ist, ist als ein
solcher Beleg zu werten. Der spurlose Untergang der Stücke selbst erweckt immer
wieder Bedauern.
Und da auch die vom alten
Hausrat erhaltenen Stücke ohne künstlerische Ausführung sind, die Häuser bis
auf die hölzernen Giebelzierden keine Zugaben über das unbedingt Nötige hinaus
aufweisen, und da endlich allen Walddörfern die Kirche fehlt, die sonst der
gegebene Ansatzpunkt für künstlerische Leistungen zu sein pflegt, so sind
tatsächlich keine Erzeugnisse der Volkskunst anzutreffen.
Jene Aufzeichnungen allein,
die uns bei aller pedantischen
Genauigkeit doch noch lange nicht genug mitteilen, geben uns Kunde davon, daß
auch hier die künstlerische Gestaltung der Dinge des täglichen Lebens geübt
wurde, wenngleich uns Heutigen nur möglich ist, den Gehalt der entschwundenen
Kultur zu ahnen, nicht mehr ihn zu sehen oder in lebendigen Auswirkungen zu
spüren.
________
1) Das Groß Hansdorfer sowie vier weitere
Verzeichnisse s. im Anhang.
2) kamelotten. Schütze, Holst. Idiotikon: "Kamlot
(camelot), kamelhaarenes Zeug daher wahrscheinlich und weil dieses gewöhnlich gestreift ist".
3) triptrappen-. Trip,
Triep = eine Art Halbsammet.
4) sarsen: Sayen, ein Wollstoff. – Vgl: Ehrenberg, Altona Unter Schauenburgischer Herrschaft, 1893. - S. 36, Heft
IV.
5)
schachereng, schacherin: franz. chagrin, rauh.
6)
raßmohren
ist entstanden aus rund. raß, engl. rash »Zeug aus glatter Wolle oder Seide« Verkürzung des spätmittelhochdeutschen arras, benannt
nach der Stadt Arras in den Niederlanden, jetzt Nordfrankreich, wo dieser
Zeugstoff verfertigt wurde, und aus "Mohr", franz. moire »einer Art
dicht- und festgeschlagenen Zeuges von Seide, Halbseide usw.«
7)
Rassesillen,
in Blankenese Rassasilk, Seide aus Arras.
8) Kammertuch, niederld. kaimerijksdoek, von der Fabrikstadt Cambrai in franz. Flandern, flämisch kamerijk.
9) N.W.P., S. 242.
10) N.W.P., Bd. 1, S. 423
(Ohlstedt).
11) "Niedersachsen", 1920, Nr. 10.
12) N.W.P., S. 213, S. 188, Bd. 2, S. 75, B(l. 2, S. 433.
13) Daß der Verstorbene ein Kuhhirte war, steht a. a. 0. S. 181.
14) z.B. N.W.P. 1786, S. 257.
15) N.W.P., S. 242.
16) N.W.P., S. 242, 1786.
VII. Sitte und Brauch.
Sehr dürftig nur ist die Ausbeute
hinsichtlich Sitte und Brauch, die einstmals in den Walddörfern bestanden.
Einige Gepflogenheiten in kirchlichen Dingen
sind den Mitteilungen über das Einkommen der Pastoren aus den sog.
"Accidentien" zu entnehmen, so der Gebrauch der Taufkleider, der
Brautkrone und des Leichlakens 1).
Aus Volksdorf
berichtet ein Aufsatz im "Hamburgischen Correspondenten" (1866) 2), dessen anonymer Verfasser
wahrscheinlich E. H. Wichmann:
"Vor einigen Jahrzehnten herrschte bei Beerdigungen noch die Sitte, einige
Bunde Stroh welche man zu dem Zweck mitnahm, vom Wagen zu werfen, wenn man die
Bergstedter Grenze überschritt 3).
Von
Rechtsbräuchen haben wir einige Kenntnis. - Die Grenzen der Feldmark wurden in
alter Zeit zur Hauptsache durch markante Bäume, Grenzpfähle, die mit
Unterlegung von Glas und Kohlen eingesetzt wurden, Gräben usw. gekennzeichnet,
bis man allmählich diese zum Teil vergänglichen Merkmale 4) durch Steine ersetzte.
Besonderes Interesse erweckt
die Nachricht von einem Grenzstein zwischen Hoisbüttel und Bünningstedt, in der
Hoisbütteler Heide, die Raye, genannt,
nahe bei dem adeligen Orte, die Etz
genannt, von dem der Bauernvogt 1742 dem Waldherrn berichtet, daß darauf
"gleichsam ein Hufeisen stünde", und daß man den Stein "für
einen Grenzstein hielte" 5). - Es handelt sieh hier also um einen der sog.
Hufeisen- oder Hufensteine, die auch andernorts in Holstein als Grenzsteine in
Gebrauch waren und von denen man allein in Stormarn 19 Stück gefunden hat 6).
1591 wird in der
Grenzbeschreibung von Farmsen ein "Stein mit einem Kreuz" erwähnt.
Auch in Scheidenbäume waren zuweilen Kreuze eingehauen (Volksdorf). Die
Grenzsteine des 18. Jahrhunderts wurden in der Reihenfolge ihrer Aufstellung
mit Zahlen oder mit den Buchstaben des Alphabets sowie mit der Jahreszahl
versehen.
________
Eine auch anderweitig
belegte Sitte bei Übernahme eines Hofes wurde auch in den Walddörfern geübt.
Zum Zeichen, daß dem neuen Besitzer das Haus offenstehen sollte, schlug dieser
mit der Axt einen Span aus dem Türpfosten heraus So z. B. schlug Bull in
Farmsen 1823 bei Übernahme seines Hofes diesen Span aus dem Torpfeiler, von
Eggers (Farmsen) wird berichtet, daß der Span aus dem "Dösel" der
Grotdür (dem mittleren Anschlageholz für die großen Türflügel) gehauen wurde 7).
Hausmarken sind anscheinend in den
gesamten Walddörfern nicht in Gebrauch gewesen 8). Ein einziges Mal nur
findet sich ein derartiges Zeichen; Jaspar Meier signiert damit 1642 seinen
Kontrakt bez. der Lohmühle in Groß-Hansdorf
9).
________
Alte Gerichtsstätten werden aus Volksdorf, Farmsen und Groß Hansdorf
genannt. - Jellinghaus bemerkt in
seinen "Holsteinischen Ortsnamen" bei der Flurbezeichnung Wendischer
Balken in Volksdorf: "ein Gödingsplatz". Leider bleibt dies eine
unkontrollierbare Nachricht; woher Jellinghaus
seine Angabe genommen hat, ist nicht auszumachen. W. Carstens 10) urteilt. daß ein Goding für Stormarn, das es sicher
bis um die Mitte des 15. Jahrhunderts gegeben hat, nicht überliefert ist. Wenn Falck Bramstedt als Goding für Stormarn
in Anspruch nimmt, so ist dem entgegenzuhalten, daß Bramstedt nicht zu
Stormarn, sondern zu Holstein gehört.
Zudem wird das Bramstedter Goding nicht vor 1470 erwähnt 11).
In Groß Hansdorf lag nach J. F. Voigt neben der Martensschen Hofstelle,
an der Abzweigung eines Feldweges von der Dorfstraße, der Tie, das ist
"der Platz für Versammlungen der Dorfseingesessenen, für das
Zusammenbringen von Vieh zum Austreiben auf die Gemeinweide u. a. m.; auch
Gerichtsverhandlungen fanden auf dem Tie eines Dorfes statt" 12).
Aus Farmsen
als demjenigen der Walddörfer, das über ein Jahrhundert später als die andern
an Hamburg kam, sind uns noch einige wenige Nachrichten aus dem Anfang des 16.
Jahrhunderts über die Handhabe der Gerichtshoheit durch den Gutsherrn, dem das
Gericht an Hals und Hand zustand, überliefert. Die Gerichtsstätte war"
rechter Hand zwischen dem Rahlstedterweg und Vermersen". Ein andermal wird
der Gerichtsplatz noch genauer als "vor
der Brücken" belegen bezeichnet. Die Wahl dieses Platzes entsprach
einer alten Gepflogenheit, Gerichte vor
oder auf Brücken abzuhalten 13).
________
Aus Siek ist
ein Fall von Aberglaube bekannt geworden 14). 1639 herrschte im Dorfe die
Pest. Um die unheimlich um sich greifende Seuche zu bannen, umziehen die Weiber
nächtlicherweise mit einem Erbkesselhaken, den zwei Burschen führen, wie mit
einem Pflug das Haus. Die Pest wütet jedoch weiter. Bald sterben auch die
beiden Burschen, die den "Pflug" gezogen haben. Die Geschichte wird
ruchbar - die "abgöttischen" Weiber werden schließlich von Gottorp
aus verurteilt, 14 Tage zu Wasser und Brot gesetzt und in Geldstrafe genommen
zu werden.
________
Wie
Hochzeiten, Kindtaufen und andere Familienfeiern in den Walddörfern begangen
wurden, ist nicht überliefert. Daß es -
wie überall - Feste voll ländlicher Lebenslust waren, ist wohl anzunehmen. Auch
wie die großen Feste des Jahres begangen wurden ist uns unbekannt. Nur von
Ostern gibt Hübbe (1866) ein paar
Notizen: "Am Osterabend gab es gekochte Eier und die Knechte versammelten
sich während einer halben Stunde auf dem Dorfplatze, um mit ihrer Peitsche zu
knallen, wobei in Fertigkeit und Künstlichkeit gewetteifert wurde". Dieses
Peitschenknallen war das "Paascheierknallen“
15) -
Voigt
berichtet 1879 16), daß das Anzünden eines Feuers am Osterabend in den Walddörfen noch
vorkomme.
Hübbe
bringt im Zusammenhang mit der Notiz von dem Peitschenknallen noch ein paar
Bemerkungen über den Speisezettel der Geestdörfer zu bestimmten Zeiten und
Gelegenheiten: "So mußte z. B. den Dienstboten von Maitag bis Bartholomäus
regelmäßig ein Stück roher Speck zum Abendessen verabreicht werden. Am Tage,
wann Herrschaft und Gesinde zum heiligen Abendmahl gingen, mußte Hühnersuppe
gegessen werden, und während der Roggenernte des Abends große Bohnen."
Die
Befehlsbücher des Waldherrn berichten von eigenartigen Dorffesten der Knechte:
den Johannishögen 17).
Es seien im
folgenden einige bezeichnende Eintragungen darüber mitgeteilt: "7. Juni
1752: Auf Anhalten der Bauernknechte zu Farmsen wird denselben erlaubt, ihre
Johannishöge in diesem Jahr zwar zu halten, jedoch daß dieselben zuvörderst den
Gottesdienst sowohl am Johannistage als auch den Sonntag darauf gebührlich
abwarten und am Sonntagnachmittag nach vier Uhr erst damit den Anfang machen
sollen; nächst dem wird solches hiermit nur auf zwien Tage erlaubet; jedoch mit
dem expres. Befehl, daß sie sich hierbei bescheiden und mäßig aufführen bei
willkürl. Strafe."
"Es wird dem Hufner
Timm in Farmsen hiermit anbefohlen, daß da ihn die Reihe trifft, den Knechten
des benannten Dorfes bei ihm in seinem Hause ihre Johannis-Höge zu halten,
selbige anzunehmen und ihnen verstauen solle bei 5 Rtlr. Strafe."
23. Juni 1786: Es wird den Bauersknechten zu Farmsen, Ohlstedt,
Hoisbüttel und Volksdorf auf deren Ansuchen hiermit erlaubet, ihre
Johannis-Höge zwei Tage lang zu halten. Sie sollen sich aber dabei friedsam und
ordentlich betragen und alle Gelegenheit zu Zank und Streit vermeiden, auch
sorgfältig mit Feuer und Licht, insbesondere auch mit dem Tabakrauchen umgehen
und keine Pfeife ohne Kopf brauchen. Nach Ablauf der erlaubten zwei Tage soll
ein jeder wieder an seine Arbeit gehen.
Alles bei schwerer nachdrücklicher Geld- oder Leibesstrafe. Das
benötigte Bier soll von dem Pächter zu Wohldorf genommen oder derselbe desfalls
abgefunden werden."
Der Aufsatz über die
Walddörfer im "Hamburgischen Correspondenten" (1866) vermerkt von den
Johannishögen: "Das waren wilde Saturnalien, an denen sich Alt und Jung,
Herr und Knecht beteiligten, die Kosten wurden gemeinschaftlich getragen, und
das Fest fand jedes Jahr in einem anderen Hause statt. Es war Ehrensache,
auszuharren, bis die allgemeine Erschöpfung dem Feste ein Ende machte. Wer sich
davon schlich, wurde von dem jüngeren Volke aus dem Hause geholt, rücklings auf
einen Windelbaum gesetzt und zum Fest zurückgetragen".
Weil verschiedene Bauern aus
den sämtlichen Walddörfern sich die Abhaltung der Johannishöge verbeten hatten,
wurde diese auch gelegentlich einmal nicht gestattet (so 1751,W.H.P., Bd. 2, S.
313).
Obgleich die Kosten der Höge
gemeinschaftlich getragen wurden, erwuchsen dem Bauern, in dessen Hause jeweils
das Fest abgehalten wurde, Sonderunkosten, die ein Volksdorfer dem Waldherrn
1776 mit etwa 12 Reichsthalern angibt (W.H.P., Bd. 4, 8. 213).
________
1) Über Taufkleider und Brautkrone, Vgl. Chalybaeus, Aus der kirchlichen Chronik
Alt-Rahlstedts. "Ein Leichlaken
war ein großes schwarzes lakenes Tuch, das vor der Beerdigung über den Sarg
gebreitet wurde und über das dann ein ‚taffenes’ oder ‚atlasches witt
verblömtes’ Kreuz gelegt wurde" (Finder,
Die Vierlande). In derselben Form auch
sonst in Niedersachsen, Vgl. Bodemeyer., Hannoversche
Rechtsaltertümer, 1857, S. 187.
2) 17. und 18. August 1866.
3) vgl.
"Mecklenburg", 29.
Jahrg., Heft 1, 1934: "Bei Beerdigungen von Grammow nach dem
Kirchdorf Behren-Lübchin pflegten beim Übergang über die Grenzscheide die Glocken
zu läuten und einer aus dem Gefolge eine Handvoll Stroh vom Wagen auf den Weg
zu werfen. Eine Erklärung für diesen
Brauch gab man mit den Worten: ‚He sall nich wedder kamen’."
4) "Strohwische und Sträuche waren zu
jeder Zeit den Scheideweg [beim Regestall in Volksdorf] entlang gesetzt", aus der Abschrift des
Waldbuches von 1640 (Staatsarchiv Cl. lV, Lit.
B., Nr. 1, Vol. 1 b, Fasz. 1). "Damit die gräntze auf der Geistdörfern
Feld-Marchten unverrückt und männiglichen dieselben kund und wißend verbleiben mögen,
so müßen dieselbige mit zu Ziehung aller Hauß Leute alle zehen Jahre bezogen,
und anstatt der Gräntz-Bäume und Stubben,
Graben gegraben und Steine geleget werden." (a. a. 0.)
Die Grenzbeschreibung von Volksdorf 1598 (a. a. 0.)
verzeichnet, daß auch drei Knaben bei der Grenzbegehung dabei waren.
1779 werden neue Grenzpfähle an der Wohldorf-Tremsbütteler
Scheide gesetzt (sog. Wohldorfer Rahde
[Pfahl Nr. 3] und sog. Harkshorster
Fohrt [Pfahl Nr. 5), W. H. P., Bd. 4, S. 363.
"Unten in den Gruben hat sich Glas und Kohlen befunden, als ein
sicheres Merckmahl, daß die neuen Pfähle wieder an denselben Ort gesetzet sind,
allwo die alten Pfähle in Anfang bei Regulierung der Grenze gestanden."
Grimm, Rechtsaltertümer (4. Ausg. 1899, Bd. 2, S. 72), führte aus Normanns wendisch-rügianischem Landbrauch, Stralsund 1777
an: "unter den scheidelstein gehören kohlen, glas u. gesammelte
steine".
Meiborg, Das Bauernhaus im Herzogtum Schleswig, S.
5: "überall legte man den Grenzsteinen. Holzkohlen und Feuersteinsplitter
unter, und bei Grenzstreitigkeiten kann man sie dadurch von gewöhnlichen
Marksteinen unterscheiden. Die Richter
ließen sie in solchen Fällen ausheben."
5) W.H.P., Bd. 1, S. 320.
6) Jahrbücher für die Landeskunde der
Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg, Bd. 8, Kiel 1866, 8. 167.
"Hufeisen und Roßtrappen oder Hufeisensteine in ihrer mythologischen
Bedeutung, erläutert von Chr. Petersen".
Vgl. ferner: "Von Hufensteinen und ihren
Sagen". "Niedersachsen",
1923, 11, S. 20/21. Der Verfasser benutzte (ohne die Quelle anzugeben!) W. Splieth, Hufeisensteine in Holstein. -
"Die Heimat", 1897, S. 62.
"Der noch heute bestehende Glaube an den GIück und Schutz
verleihenden Zauber des Hufeisens ist bekannt.
Demselben Glauben verdankt der Brauch seinen Ursprung, Grenzsteine mit
dem Zeichen des Hufeisens zu versehen und sie dadurch zu weihen. Dergleichen Steine sind besonders durch die
Bemühungen des Professors H. Handelmann
und des Lehrers F. Siebke in
Bargteheide bekannt geworden, und zwar fast ausnahmslos aus dem Gebiet der
alten Völkerscheide zwischen Deutschtum und Wendentum, der Sachsengrenze Karls
d. Gr. Wir finden vier dieser Steine im
Gebiet der unteren Schwentine, drei standen im Kirchspiel Bornhöved, einer bei
Segeberg (?), neunzehn sind aus dem Kreise Stormarn und einer ist aus dein
Herzogtum Lauenburg bekannt. Das
Hufeisen ist vertieft oder erhaben in den Stein gehauen und dem Wege
zugehehrt. Das Alter der Steine ist
verschieden. Die meisten entstammen dem
19. oder 18. Jahrhundert, doch wird der Brauch weiter zurückreichen."
7) Vgl. Ehlers, Geschichte und Volkskunde des Kreises
Pinneberg, S. 238; ferner: "Lauenburgische Heimat", 1928, Heft 1.
8) Auf einem aufrechtstehenden
Granit-Grabstein ohne Jahreszahl und Namen zu Siek fand sich ein Kreuzzeichen.
- Vgl. Bernhard Selle, Die
Hausmarken auf der Insel Fehmarn. Anhang: Einige Hausmarken u. dgl. aus
verschiedenen Gegenden von Schleswig, Holstein und Lauenburg. – Jahrbücher für
die Landeskunde der Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg, Bd. 4, 1861.
9) Kontraktenbuch der Kämmerei, Lit. C, S. 95.
10) Werner
Carstens, Die Landesherrschaft der Schauenburger und die Entstehung der
landständischen Verfassung in Schleswig-Holstein 1. Zeitschr. d. Ges. f.
Schlesw.-Holst. Gesch., Bd. 55, 1926.
11) Derselbe a. a. 0.
12) Voigt, Die
hamburgische Landgemeinde Groß Hansdorf-Schmalenbeck, S. 59, Fußnote.
13) Vgl. P. v. Kobbe, Geschichte und Landesbeschreibung von Lauenburg, Bd. 3, 1836. -
Grimm, Deutsche Rechtsaltertümer, Göttingen 1828, S. 800.
14) Richard
Heberling, Zauberei und
Hexenprozesse in Schleswig-Holstein. - Zeitschr. d. Ges. f. Schlesw.-Holst.
Gesch., Bd. 45, 1915.
15) Vgl. dazu W.
G. Beier, Erinnerungen an die
nordische Mythologie in Volkssagen und Aberglauben Mecklenburgs. - Jahrb. d.
Vereins f. mecklbg. Geschichte u.
Altertumskunde, Bd. 20, 8.193, 1855. - Die bösen Wintergeister sollen
vertrieben werden "im Altenburgischen am Abend vor der Mainacht durch
Schlagen mit brennenden Besen, im Harze zu derselben Zeit durch Schießen, unter
jubelndem Lärm und in Hessen zur Fastnacht durch Knallen mit der Peitsche, Dies
Peitschenknallen bald am Oster-, bald am Pfingstabend, ist auch in der Mark
sowie in Mecklenburg Sitte".
16) Mitt. d. Vereins f. Hambg.
Gesch., 2. Jahrg., Nr. 3, 8. 31, 1879.
17) Siebke (Bargteheide), "De
Pingsthöge". - Die Heimat, 1892, S. 108, ausführliche Schilderung solcher
Högen in den Ämtern Trittau, Reinbek und Tremsbüttel; zum Schluß wird erwähnt,
daß sie auch wohl "Hanshögen" (Johannisfreude) genannt werden.
So gering die volkskundliche Ausbeute hinsichtlich Haus und
Hof, Hausrat und Kleidung, Sitte und Brauch ist, so kann man bei einer andern
Äußerung des Volkstums in den Walddörfern, den Flurnamen, geradezu von einem Reichtum sprechen. Das kommt daher,
daß uns hier Aufzeichnungen aus sechs Jahrhunderten, vom 14. Jahrhundert
angefangen, vorliegen, nicht nur solche des 18. Jahrhunderts.
Was wir aus den alten
Urkunden an Flurnamen erheben, ist freilich bis auf wenige Ausnahmen längst in
Vergessenheit geraten. Es ist jedoch diesmal nicht ausschließlich Schuld einer
nicht genügend bodenständigen Kultur: das Verschwinden von Flurnamen aus dem
Bewußtsein und dem Sprachgebrauch des Volkes wird uns gerade aus unserer Gegend
sehr anschaulich aufgezeigt an einem Beispiel aus dem 16. Jahrhundert. Der
Waldherr liest den Eingesessenen zu Hansdorf eine Urkunde über die Grenzen ihres
Dorfes gegenüber Eilsdorf [„Eilekendorf“?], Arnsfelde und Woldehorn
(Ahrensburg) aus dem Jahre 1328 1) vor und fragt sie "mit Fleiß, ob ihnen die
Grenze und Scheidung auch allen bewußt", worauf ihm geantwortet wurde,
"daß die Namen der Scheidung in der langen Zeit fast verändert".
Bekannt ist ja, daß
allmähliche Umbildung im Gebrauch erfolgt und ferner, daß durch die üblen
Mißverständnisse von Landmessern und Schreibern bei der Aufmessung der
Feldmarken im 18. und 19. Jahrhundert
viele Flurnamen entstellt worden sind.
Zwei Beispiele: die Bezeichnungen Kohlputt (Farmsen) und Kohlbargen
(Schmalenbeck), die zweifellos mit Köhlerei in Zusammenhang zu bringen sind,
erscheinen beide in falscher Verhochdeutschung als Kohlpfütze und Kalte Berge.
- Ferner die Marsch wird zu Narsch, Polschloe zu Patschboe, noch später
Paßbohr, Viehlooge zu Viehlarge, Kerckbläcken zu Korkbläcken, Himmelshorst zu
in den Himmlischer Horden, Aukämpe zu Ockim (d. h. plattdeutsch Okämpen).
Einen interessanten Beitrag zum Leben und Vergehen
der Flurnamen bieten auch die Flurkarten des 18. Jahrhunderts. Die von
Grenzinspektor Reinke 1782 und 1783 verfertigten Karten, die etwa 40 bis 50
Jahre später gezeichnet sind als ihre Vorgänger zeigen nur wenige der gleichen
Flurnamen, bringen eine ganze Anzahl aus den alten Karten gar nicht mehr,
wissen dafür allerdings eine mindestens eben so große Zahl "neuer"
oder jedenfalls anderer Flurnamen anzugeben, darunter auch freilich sehr
altertümliche.
Stormarn zählt nach Wegemann
2) zu den namenarmen Gebieten.
Aus den hamburgischen Landgemeinden, von denen 15 aufgenommen worden sind (wohl
ohne Ritzebüttel), hat Wegemann
852 Namen gesammelt, so daß im Durchschnitt auf jede Gemeinde 57 Namen
entfallen. - Unter Zuhilfenahme der in Urkunden, Karten usw. niedergelegten
Namen zähle ich allein in den Walddörfern 500 Namen.
Diese Namen sind allerdings nicht alle inhaltsvoll
und sprachlich interessant. - Auch ist die Zahl der Namen, die nur hier
vorkommt, nicht sonderlich groß: die meisten finden sich in Stormarn auch an
anderen Stellen wieder. Würde die Flurnamensammlung der stormarnschen Dörfer
vollständig vorliegen, so würde die stete Wiederkehr von Flurbezeichnungen um
so eindringlicher aufzuzeigen sein.
Die
folgende Übersicht, die kein Verzeichnis der 500 Namen bringt, sondern unter
Fortlassung der zahlreichen Bestimmungswörter nur die namengebenden
Grundwörter, soll zeigen, wie sich die Waldddörfer
im Spiegel ihrer Flurnamen darstellen.
1. Die Landschaft nach ihrer Bodenbeschaffenheit:
berg, böre, bült, hoge, knüll,
heide, sand, sten, dove, sor;
brok, dene, vi, horo, loe,
marsch,
mor, mose, pol, sol.
2. Gewässer:
Alster; Auen; Becken (Beeken);
vlete, luncke, reye 3), rönne;
born; putt;
dik, kolk, kule.
3. Wald und ehemaliger Waldbestand:
löh. - busch, dick, dorn, garden,
hag, hege, holt, oh, wohld, wid, writ;
brand, horst, kol, rade, rüm, stubbe.
4. Verschiedene landwirtschaftliche Benutzung:
acker, feld, land; wisch.
5. Begrenzung, Einteilung, Form der Felder:
boge, gere, horn, kroch, ort, winkel; tun.
kamp, koppel, stück, esch, valt, iar,
span,
ment; blick; word;
block, balken.
6. Verkehrseinrichtungen:
weg, steg, redder; forth, speck, brügge; hude.
In unserm
Gebiet, das noch heute die Bezeichnung "Walddörfer"
trägt, dürfen die Flurnamen, die Waldorte bezeichnen, ein besonderes Interesse
beanspruchen. Mit ihrer Hilfe läßt sich die einstige Ausdehnung des Waldes
gleichsam rekonstruieren und Art und Beschaffenheit der Wälder werden deutlich 4).
Allerdings
läßt sich nun für unser Gebiet schwerlich erweisen, daß die überlieferten Namen
für Rodung, Brand und Holzschlag alle aus der Frühzeit der Besiedlung (11. bis
13. Jahrhundert) stammen. Sie können ebensowohl einer zweiten Periode der
Waldvernichtung entstammen, die z. B. in Farmsen im 16. Jahrhundert radikal
durchgeführt wurde, im Ahrensburgischen erst im 18. Jahrhundert. Von Hansdorf heißt es z. B. noch um die Mitte des
17. Jahrhunderts, daß dort viel Wald und fast zu wenig Ackerland sei.
Von der Rodung
des "Schwarten Brooks" (Groß Hansdorf) in den Jahren 1604/09 berichtet
das Kontraktenbuch der Kämmerei.
Von den rund 100 Namen, die Wald und ehemaligen
Waldbestand (Rodungen usw.) bezeichnen, ist uns nur ein Fünftel aus älterer
Zeit als der Mitte des 18. Jahrhunderts belegt (1327 bis 1598, 1630, 1642), was
natürlich nicht ausschließt, daß eine ganze Reihe anderer auch so alt ist, da es
sich bei den Urkunden ja zumeist nur um Grenzbegehungen handelt.
________
1) Hamb. Urkundenbuch Bd. 2, Nr. 754.
2) G. Wegemann, Die Anzahl der Flurnamen
Schleswig-Holsteins, Die Heimat", 1925, Heft 1.
3) reye, auch riehe, riede, rien, rige, rie. "Alle
diese Formen gehören zu der Wurzel rei,
fließen. Sie bezeichnen einen
unscheinbaren Bach und wohl auch die von ihm durchflossene Niederung" (Dohm, Holst. Ortsnamen, 1908).
"Die Menge von Flurnamen, besonders in den Walddörfern,
die damit in Zusammenhang stehen, hat mich in Verwunderung gesetzt" (E. Rüther, Herkunft der Orts- und Flurnamen
in unsern Geest- und Walddörfern, 1914). Wir zählen etwa 40 Namen dieser Art!
Neben der obengenannten
scheint das Wort noch eine andere Bedeutung zu haben. So heißt es 1742 aus Volksdorf (W.H.P., Bd. 1, S. 335), "eine Reyen (i. e. grüner Platz in der Heide) zur Wische gemacht".
Ebenso 1742 aus Hoisbüttel: "in der Hoisbüttler Heide, die Raye, genannt...".
Auf der Karte von Volksdorf
1703 (1733) heißt das später Rägen oder Rögen genannte Waldgebiet auf den Rayen.
4) Vgl. die Ausführungen Hofmeisters, Limes Saxoniae. Zeitschr. d. Ges. f. Schlesw.-Holst. Gesch.,
Bd. 56, 1927.
Anhang.
I. Aussteuer einer Vollhufnersfrau in Groß
Hansdorf, 1765.
(W.H.P.,
Bd. 2, S. 254 ff.)
10 volle
Anzüge, nämlich: 1. Futterhemd von Damast,
schwarz lakener Rock, schwarz samtene, mit Silber
be- setzte und gewirkte Mütze, schwarze Damastschürze und Halstuch, um
welches Kanten (Spitzen) gesetzt sind. 2. Leibchen von braunem
Brokat mit Blumen, blau lakener Rock, kammertuchen Halstuch, Sitzen-Schürze, goldbesetzte grüne
Drop-daren Mütze. 3. Leibchen von braunem
Damast, braun lakener Rock, violette Schürze, klar ausgenähtes Halstuch. 4. schwarz laken
Futterhemd, schwarz lakener Rock, schwarze Kattunschürze,
schwarzes Seidenhalstuch, schwarz damastne Hülle mit Kanten. 5. Futterhemd von schwarzem Flanell, gepreßter sarsen Rock, nesseltuchener Platen, nesseltuchenes Halstuch, schwarz damastne Hülle. |
6. schwarzbunt stoffen
Futterhemd, schwarzbunter Flanellrock, schwarzbunte Kattunschürze,
schwarzseidenes Tuch, schwarz damastne Mütze. 7. braun damastnes
Futterhemd mit runden Mauen, roter Bojenrock, braune silbern
Moire-Mütze, violetter Kattunplaten, geblümtes Seidentuch. 8. aschgraues Unterwams
mit gol- denen Tressen, weißer sarsen Rock, blauer Kattunplaten, blaues Seidentuch, aschgraue Brokatmütze mit
Silber. 9. blau stoffen Wams, blauer sarsen Rock, braune Kattunschürze und
Seiden- tuch, blaue Brokatmütze mit
Gold. 10. blaues Wams mit
Silber, roter Bojenrock, braunbunte Kattunschürze,
braunseidenes Tuch, braune Damastmütze mit
Gold, grünes stoffen Futterhemd. Noch ein roter
Damastkragen mit Silber und ein brauner Chagrin-Kragen mit Gold. |
II. Aussteuer der Braut des
Schleusenmeisters in Wohldorf, 1775.
(Die Braut stammte aus
Bargteheide.)
(W.H.P., Bd. 3, S. 160 ff .)
eine Samtmütze mit Gold
und Spitzen, eine Seidenmütze mit Gold
und Spitzen, zwei Seidenmützen mit
Gold, drei
Damastmützen mit Silber, eine köpern
Mütze mit Spitzen, drei
halbseidene Mützen, eine
schwarze Samtkappe, fünf seidene
Halstücher, zwei nesseltuchene
Halstücher mit Spitzen, ein nesseltuchenes
Halstuch ohne Spitzen, zwei kattunene Halstücher, zwei nesseltuchene
Schürzen, drei Leinenschürzen, eine Sitzen-Schürze, drei kattunene Schürzen, |
ein schwarzer lakener
Rock, ein roter lakener Rock, ein kamelotten Rock, zwei baumwollene Röcke, ein Flanellrock, ein sarsen Rock, zwei kattunene Röcke, zwei Röcke von
eigengemachtem Zeug, zwei schwarzseidene
Futterhemden, ein schang (?) Futterhemd, ein blauseidenes
Futterhemd ein grün (seidenes?) Futterhemd, zwei kamelotten
Futterhemden, zwei kattunene
Futterhemden, ein stoffen Mantel, ein Paar Samthandschuhe, ein Paar goldene
Ohrgehänge, 12 Reihen Halsgranaten, 2 Reihen Halsperlen. |
III. Nachlaß der ersten Frau des Schleusenmeisters in Wohldorf, 1775.
(W.H.P.,
Bd. 3, S. 178f.)
eine Brokat – Frauenmütze mit Silber, eine damastne dto., eine Samtkappe, eine Haube und ein Stremel
mit Spitzen, ein damastner Halskragen
mit Silber, ein leinener Halskragen, drei alte
Frauenhalstücher, eine leinene
Frauenschürze, ein schwarz lakener
Frauenrock, ein roter lakener
Frauenrock, |
ein gelber Rock von
eigengemachtem Zeug, ein blau lakener Rock, ein schwarz lakenes Frauenfutter-hemd, ein damastnes
Frauenfutterhemd, ein Taft-Frauenfutterhemd ein dto. ein rotes lakenes
Frauenbrusttuch, zwei Paar Leinenärmel mit
Man-schetten, ein Paar Samthandschuhe, ein Paar Lederhandschuhe. |
IV. Nachlaß einer Instenfrau in Farmsen, 1788. (N.W.P.,
Bd. 1, S. 320 ff.) |
|
eine
schwarze Seidenmütze zwei
blaue Mützen mit Silber, eine
braune Mütze mit Silber, eine
aschgraue Damastmütze mit Silber, eine
braune Damastmütze mit Silber, noch
eine dto., vier
Hauben (Leinen), ein Strohhut,
ein
seidener Kragen mit Silber, ein
braun seidenes Tuch, noch
eins dto., zwei
weiße bordierte Halstücher, ein
braun kattunenes Halstuch, ein
schwarzbunter Kattunplaten, ein
weißbunter Kattunplaten, ein
violetter Kattunplaten, ein
blauer Tuchrock, ein
brauner Tuchrock, ein
blauer Tuchrock, ein
bunter Beiderwandrock, ein roter Beiderwandrock, |
ein braun Damastfutterhemd. ein blau raßmohren Futterhemd, ein braun halb damastnes Futter- hemd, ein schwarz lakenes Futterhemd, ein kattunenes Futterhemd, ein buntes Futterhemd, ein braunes Futterhemd, ein braunes mit silbernen Knöpfen, ein rotes kattunenes mit silbernen Knöpfen, zwei seidene Brüstchen, ein Paar schwarze Handschuhe, ein Paar Lederhandschuhe mit Pelz oben, ein silbernes Leibband mit silberner Spange, Korallen (Bernstein) mit silbernem Schloß, eine silberne Hemdspange, eine silberne Schnürpinne, ein kleiner silberner Knopf. |
V. Nachlaß einer Hufnersfrau in Farmsen, 1798. (N.W.P.,
Bd. 2, S. 88.) |
|
fünf Frauenmützen mit Silber, sechs Hauben mit Kanten, drei schwarze Mützen, drei schwarze Samtkappen, zwei Mertelhüte, ein Samtkopftuch, drei seidene Halstücher, drei kammertuchene Halstücher, zwei mit und eins ohne Kante,
ein weiß kammertuchen Halstuch, ein Kattuntuch, ein Damastkragen, ein Damastkragen mit Silber, zwei Kattunplaten, zwei blau leinene Platen, ein rotbunter Leinenplaten, ein Kattunfutterhemd, ein schwarz und weiß Rassesillen Futterhemd, ein grün chagrin Futterhemd, triptrappen Futterhemd, ein braun Damastfutterhemd, ein schwarz Damastfutterhemd, ein schwarz lakenes Futterhemd, ein blau lakenes Futterhemd mit ein Paar Tressen und Knöpfen, ein grün lakenes Futterhemd mit silbernen Knöpfen, ein braunes Kattunfutterhemd, |
ein blau und weiß Leinenplaten, ein weiß Leinenplaten, ein greisen Kattunplaten, ein schwarz chagrin Platen, ein Kattunplaten, ein blau lakener Rock, ein braun lakener Rock, ein wollen damastnen Rock, ein Flanellrock, ein blau zarsen Rock, ein grüner Rock, ein rotiger Rock, ein schwarz lakener Rock, ein schwarzer Rock, ein bunter Beiderwandrock, ein blau Beiderwandrock, ein blauer Mantel mit silbernem Haken, ein schwarzes Regenkleid (Umhang), zwei Paar schwarze gewalkte Hand- schuhe, ein Paar Samthandschuhe,
zwei Damastbrüstchen, blaue damastne Mauen, zwei Paar Vormauen mit Kanten, zwei schwarze Samtleibbänder (Gürtel) |
Verzeichnis
der in der vorstehenden Arbeit zitierten
Schriften.
Beyer, W. G., Erinnerungen
an die nordische Mythologie in Volkssagen und Aberglauben Mecklenburgs. -
Jahrb. d. Vereins f. mecklbg. Gesch., Bd. 20, 1855.
Carstens, Werner, Die Landesherrschaft der Schauenburger und die Entstehung der landständischen
Verfassung in Schleswig-Holstein. Zeitschr. d. Ges. f. Schlesw.-Holst. Gesch.,
Bd. 55, 1926.
Chalybaeus, Aus
der kirchlichen Chronik Alt-Rahlstedts, 1908.
Dohm, P., Holsteinische Ortsnamen. - Zeitschr. d. Ges. f.
Schlesw.-Holst.Gesch., Bd. 38, 1908.
Ehlers, Geschichte und Volkskunde des Kreises Pinneberg.
Eickhoff, P., Geschichte Wandsbecks
unter Heinrich und Breido Rantzau, 1564-1614, 1905.
Finder, Ernst, Die Vierlande (= Veröffentlichungen d.
Vereins f. Hambg. Gesch., Bd. 3), 1922.
Grimm, Rechtsaltertümer, 4. Ausg., 1899.
Heberling, R., Zauberei und Hexenprozesse
in Schleswig-Holstein. - Zeitschr. d. Ges. f. Schlesw.-Holst. Gesch., Bd. 45,
1915.
Hofmeister, H., Limes Saxoniae. -
Zeitschr. d. Ges. f. Schlesw.-Holst.Gesch., Bd. 56, 1927.
Hübbe, W., Einige Mitteilungen über
Culturverhältnisse, Sitten und Gebräuche im Landgebiet der Stadt Hamburg. -
Zeitschr. d. Vereins f. Hambg.
Gesch. V, 1866.
Jellinghaus, Holsteinische Ortsnamen. - Zeitschr. d.
Ges. f. Schlesw.Holst. Gesch., Bd. 29,
1899.
v. Kobbe, P., Geschichte und
Landesbesehreibung von Lauenburg, Bd. 3, 1836.
Krieg, Hans, Schleswig-Holsteinische
Volkskunde, 1931.
Meiborg, R., Das Bauernhaus im
Herzogtum Schleswig.
Melhop, W., Die Alster, 1933.
Niemann, Vaterländische
Waldberichte, B. 2.
Rüther, E., Herkunft der Orts- und
Flurnamen in unsern Geest- und Walddörfern, 1914.
Schütze, J. F., Holsteinisches Idiotikon,
1800.
Selle, Bernhard, Die Hausmarken auf der Insel Fehmarn. - Jahrb. f. d. Landeskunde
der Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg, Bd. 4, 1861.
Siebke, De
Pingsthöge. - Die Heimat, 1892.
Splieth, W., Hufeiseilsteine in
Holstein. - Die Heimat, 1897.
Voigt, J. F., Die hamburgische
Landgemeinde Groß
Hansdorf-Schmalenbeck, 1906.
Voigt, J. F., Osterfeuer und
Osterwasser, Mitt. d. Vereins f. Hambg. Gesch., 2. Jahrg., 1880, S. 31.
Wegemann, G., Die Anzahl der Flurnamen
Schleswig-Holsteins. – Die Heimat, 1925.
________
Lüneburger Heimatbuch.
Hamburgischer Correspondent,
16./17. Aug. 1866.
Jahrbücher für die
Landeskunde der Herzogtümer, 1866.
Lauenburgische Heimat, 1928.
Niedersachsen, H, 1923.
Schleswig-Holsteinische
Provinzialberichte, 1794.
Stormarische Heimatblätter,
Nr. 50, 1927.
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