Die Hamburgische
Landgemeinde
Groß
Hansdorf-Schmalenbek
Originaltext
eines Werkes aus dem Jahre 1906 von Dr. J. F. Voigt
(Hier
abgedruckt als Nebenprodukt meiner privaten Heimat- u. Familienforschung)
III. Groß-Hansdorf und
Schmalenbek als Gemeinden.
Nach
der Unterwerfung des alten Sachsenlandes unter die fränkische Oberherrschaft
zerfiel allmählich das Band, welches die Eingesessenen der in den einzelnen größeren
Weidebezirken liegenden Dörfer zu einem Gau, die Gaue eines und desselben
Volksstammes zu einem mächtigeren Ganzen vereinigt hatte. Die Vertreter des
ganzen Stammes, eines Gaues, eines kleineren Bezirks (einer Hundertschaft)
wurden von nun an durch den Stellvertreter des Herrschers zu Versammlungen
berufen: ihr Zusammentreten ohne Genehmigung der kaiserlichen Stellvertreter
ward verboten. Auch das Zusammentreten der Inhaber der Hofstellen eines Dorfs
zur Beratung und Beschlußfassung über gemeinsame Angelegenheiten des Dorfs
blieb nicht unberührt durch die Herrschaft der Eroberer. Als Erster im Dorf und
zugleich als Vertreter der Obrigkeit im Dorf ward aus den Hufnern der von der
Obrigkeit gewählte Vogt bestellt, während zur heidnischen Zeit das Dorfoberhaupt,
welches zugleich der Vertreter des Dorfs in den Landesversammlungen war, von
den Dorfseingesessenen selbst gewählt sein wird. Die Wirksamkeit des Vogts
beschränkte sich fortan auf die Leitung der Dorfverwaltung; von ihm wurden die
Hufner zu den Dorfversammlungen berufen, in denen über gemeinsame
Angelegenheiten Beschluß zu fassen war. Ging auch im Laufe der Zeit eine
obrigkeitlich anerkannte Zusammengehörigkeit mit den benachbarten Dorfschaften
in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten verloren, so blieb doch eine gewisse
Verbindung mit diesen Dorfschaften, wo deren mehrere gemeinsam einem
landesherrlichen Amtmann unterstellt blieben, während für die Dörfer, welche
der Herrschaft von Gutsherren unterworfen wurden, mit jeder Selbstständigkeit
nach außen hin auch die Verbindung mit den Nachbardörfern schwand. Nur die
Zusammengehörigkeit zu einem und demselben Kirchspiel blieb noch ein anderes,
als das durch persönliche oder verwandtschaftliche Beziehung bestehende
Bindeglied der Bewohner benachbarter Dörfer.
Als
die Stadt Hamburg Gutsherr über die Dörfer wurde, die später als hamburgische
Walddörfer bezeichnet wurden, scheint jeglicher Verwaltungszusammenhang mit den
benachbarten Dörfern bereits aufgehört zu haben. Die Eingesessenen blieben in
ihren Dorfangelegenheiten auf sich angewiesen, und ihre Schicksale wurden
nunmehr abhängig von den für sie vom Hamburger Rath und von den Waldherren
getroffenen Anordnungen. Die Zustände in den Dörfern scheint man von der Zeit
ihrer Erwerbung an völlig unverändert belassen zu haben. Als gewiß wird man
annehmen dürfen, daß die Zahl der Hufner und Kätner (späteren Halbhufner) vom
Mittelalter her bis zum Jahre 1806 in den Walddörfern durchweg die gleiche
geblieben ist. Spuren irgend welcher älterer Satzungen für die beiden Dörfer
sind nicht vorhanden. Die Vögte in den Dörfern, von den Waldherren erwählt,
waren auch ferner die Leiter der Dorfangelegenheiten, aber auch eidlich
verpflichtet, auf die Hoheit und die Gerechtsame der Stadt Hamburg als des
Oberherrn über die Dörfer zu achten.
Die
Hufner und Halbhufner, Eigentümer nur ihrer Gebäude und ihrer fahrenden Habe,
hinsichtlich des mit ihren Hofstellen verbundenen Saat- und Wiesenlandes und
einiger Holzgehege nur Nutznießer, auch hinsichtlich des unurbaren Landes nur mit
beschränkter Nutzungsbefugnis versehen, bildeten keine Gemeinde im heutigen
Sinne des Worts, sondern lediglich eine Gruppe von Nachbaren mit gemeinsamen
und gleichartigen Befugnissen und Lasten. Sie bildeten eine Realgemeinde. Ohne irgend welche Rechte in
Dorfsangelegenheiten waren die, vom Eigentümer des Hauses in welchem sie
wohnten, völlig abhängigen Mietsleute oder Insten.
In
Dorfsversammlungen berieten und beschlossen die Hufner und Halbhufner über
gemeinsame Angelegenheiten, also über Fragen des Ackerbaues und der Viehzucht 1), über die Art der Tragung gemeinsamer
Ausgaben, auch wohl Besprechungen zur Herbeiführung von Erleichterungen alter
Lasten oder zur Abwehr neuer Lasten.
Eine
bisher nicht gekannte Pflicht übernahmen die Eingesessenen im Jahre 1681, als
für Hansdorf und Schmalenbek ein Schulmeister angestellt wurde, welchem Wohnung
und Beihülfe zu seinem und der Seinigen Lebensunterhalt angewiesen ward 2).
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Durch
die um die Wende des 18. und 19. Jahrhunderts erfolgte Anerkennung des von den
Eingesessenen der Walddörfer benutzten Landes als Eigentum sowie durch
Ueberlassung neuen Landes wurde die Grundlage für eigentliche Dorfgemeinden
geschaffen. Es ist auffallend, daß damals, bei einer so tief eingreifenden
Veränderung in der Stellung der Eingesessenen der Walddörfer in einer nur sehr
knappen Weise der Zukunft gedacht worden ist. Die in dem festgestellten
Feldregister enthaltenen, (s. Teil 2 /4) mitgeteilten Vorschriften für die,
jetzt Grundeigentümer gewordenen Inhaber von Landstellen enthalten nichts über
die künftige Handhabung von Dorfseinrichtungen, insbesondere ward einer
Beihülfe der Dorfschaft Hansdorf zur Instandhaltung von Wegen nur hinsichtlich
des Mühlendammes gedacht, „weil die Dorfschaft diesen als einen Hauptweg
mitbenutzt“. Es verblieb also bei der ortsüblichen Wegeinstandhaltung, die
zunächst dem Eigentümer des anliegenden Landes oblag, durch Dorfbeschluß aber
auch zur gemeinsamen Sache gemacht werden konnte. Freilich führten damals keine
eigentlichen Verkehrswege durch die beiden Dörfer.
Im
allgemeinen verblieb nach 1806 alles andere beim Alten. Die kurze
Selbständigkeit als französische Gemeinde (1811-1814) schuf keine Aenderungen
für Hansdorf und Schmalenbek 3).
Ein Uebelstand der älteren Zeit war der Mangel eines Grundbuches und
Pfandprotokolls. Vor dem Jahre 1806 bedurfte jede Verpfändung einer Hofstelle
der Genehmigung des Waldherrn, über welche in dessen Protokoll ein Vermerk
eingetragen wurde, und bei der Eintragung solcher Schuldanerkennungen in das
Waldprotokoll verblieb es auch nach dem Jahre 1806. Der Gläubiger hatte dadurch
zwar die Sicherheit, daß seine Forderung als Pfandschuld des Grundbesitzers
späteren Pfandschulden und einfachen Schulden vorging, aber die Möglichkeit der
Geltendmachung seiner Forderung war wegen des damals weitläufigen
Gerichtsverfahrens erschwert. Erst im Jahre 1834 wurde vom Senat die
Einrichtung von Grundbüchern für die Walddörfer angeordnet, und erst im Jahre
1847 wurden fast alle Grundstücke in Hansdorf und Schmalenbek in das Landbuch
eingetragen. Der Eintragung ging eine neue Vermessung aller Grundstücke und ein
Proklam vorher. Das Hauptproklam erging am 23. Mai 1846; über eine der Hufen
wurde wegen eines Streits über die Erbschaft des verstorbenen Besitzers erst am
17. Oktober 1846 ein Proklam erlassen. Diese Proklame zählen die sämtlichen in
Hansdorf und Schmalenbek belegenen damaligen Grundstücke mit den Namen der
Eigentümer und mit der Hypothekarischen Belastung auf. Ihre Zahl ist im Ganzen
23. Die Beilage 4
enthält die Uebersicht über die damaligen Grundstücke.
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Die
Unterordnung unserer Walddörfer unter die Waldherren endigte im Jahre 1830, in welchem
sämtliche zum hamburgischen Geestgebiete gehörenden Ortschaften, im ganzen 22
Vogteien, zu einem einheitlichen Verwaltungsbezirk, der Landherrenschaft der Geestlande, vereinigt wurden. Von den
bisherigen Walddörfern blieben Hansdorf, Schmalenbek, Volksdorf und Ohlstedt in
ihrem bisherigen Umfange Vogteien; dem Walddorf, nunmehrigen Vogtei, Farmsen
wurde das Gut Berne zugeteilt, Wohldorf als neue Vogtei errichtet. Der
Ueberrest der den Walddörfern bisher noch anhaftenden Eigenschaft als
gutsuntertänige Dörfer schwand durch das am 15. November 1835 erlassene
Reglement der öffentlichen Verhältnisse der Landherrenschaft der Geestlande und
der Landherrenschaft der Marschlande 4).
Es wurde bestimmt, daß die Grundeigentümer einer jeden geestländischen Vogtei
an der Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten durch zwei Deputierte teilnehmen
sollten, welche der Landherr aus einem von den Grundeigentümern zu bildenden
Wahlaufsatze von vier Personen auf sechs Jahre zu erwählen habe. Die Wahl der
Vögte verblieb dem Landherren. Nunmehr waren der äußeren Form nach aus den
ehemaligen Gütern der Stadt Hamburg – ebenso wie aus den vormaligen, an die
Stadt Hamburg abgetretenen Stiftsgütern – selbständige Gemeinden geworden, an
deren innerer Verwaltung im großen und ganzen jedoch wenig geändert wurde. In
der an der Gesetzgebung teilnehmenden Bürgerschaft der Stadt Hamburg war, und
blieb auch noch, das Landgebiet nicht vertreten.
Als
im Jahre 1848 Senat und Bürgerschaft beschlossen hatten, eine, aus frei
gewählten Vertretern der Bürger bestehende Versammlung mit der Ausarbeitung
einer neuen Verfassung zu betrauen, wurden auch Vertreter des Landgebiets in
diese Versammlung abgeordnet. Aus der Landherrenschaft der Geestlande waren 17
Abgeordnete zu wählen; von den erwählten 17 Vertretern hatten 5 ihren Wohnsitz
in den Walddörfern 5). Die von
den Abgeordneten beratene und im Jahre 1849 festgestellte Verfassung kam nicht
zur Ausführung. Erst zehn Jahre später, am 11. August 1859, einigten sich der
Senat und die erbgesessene Bürgerschaft Hamburg’s über Grundgesetze für eine
andere, durch vom Senat mit Deligirten der bisherigen Bürgerschaft und mit
gewählten Vertretern der Bevölkerung des gesamten hamburgischen Staats zu
beschließende neue Verfassung. Im 37. Wahlbezirk, umfassend die jetzigen
geestländischen Gemeinden, wurden Dr. O. Nanne in Groß-Borstel und Claus
Hinrich Witten in Schmalenbek zu Abgeordneten erwählt. Am 6. Dezember 1859 trat
die neue Bürgerschaft zusammen. Die neue Verfassung wurde am 28. September 1860
verkündet. Als Rechte der Landgemeinden wurden bezeichnet: freie Wahl der
Gemeindevorsteher und Gemeindevertreter; selbständige Verwaltung der
Gemeindeangelegenheiten; Oeffentlichkeit der Verhandlungen der Gemeindevertreter;
Selbstbesteuerung zu Gemeindezwecken 6);
Veröffentlichung des Gemeindehaushalts. Bei Ausübung dieser Rechte übt der
Staat die Oberaufsicht. Die Grundsätze für die Verfassung der Landgemeinden
sollen durch eine Landgemeindeordnung bestimmt werden.
Erst am 12. Juni 1871 wurde die Landgemeindeordnung erlassen, welche neben Vorschriften für die Handhabung der Verwaltung und wegen der Wahl von Gemeindevertretern, insbesondere sowohl die Rechte wie auch die Verpflichtungen der Gemeinde festlegte. Durch ein besonderes Gesetz wurde gleichzeitig den Gemeinden ein Zuschuß aus der Staatskasse zur Bestreitung der Gemeindeausgaben zugesichert mittels Ueberweisung von sieben Achteln der in der Gemeinde alljährlich erhobenen Grundsteuer. Das auf Grund der Landgemeindeordnung errichtete Ortsstatut für Groß-Hansdorf-Schmalenbek trat am 15. Oktober 1872 in Kraft; beide Dörfer waren nunmehr zu einer Gemeinde verschmolzen. Die bisherigen Vögte, Heinrich Wiese in Hansdorf, Claus Hinrich Witten in Schmalenbek traten von ihrem Amte zurück. Die Gemeindeversammlung besteht seitdem aus sämtlichen Voll- und Halbhufnern der Gemeinde und vierzehn auf 7 Jahre gewählten Vertretern, von welchen acht von und aus den übrigen Grundeigentümern, sechs von den Nicht-Grundeigentümern gewählt werden. Der Gemeindevorstand besteht aus 6 Mitgliedern (von welchen vier in der Gemeinde wohnende Eigentümer oder Pächter größerer Grundstücke sein müssen). Der erste, vom Gemeindevorstande erwählte Gemeindevorsitzende war der bisherige Vogt für Groß-Hansdorf, der Hufner Heinrich Wiese. Nach dessen Rücktritt wurden zu Vorsitzenden erwählt: 1893 Heinrich Adolph Witten, 1895 Joachim Martin Steenbock, 1897 der jetzige Gemeindevorsitzende Carl Heinrich Theodor Bankes.
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Für die Walddörfer war deren, im Jahre 1840
erfolgter Einschluß in das holsteinische Zollgebiet wichtig geworden. Bis dahin
bestand für das östliche Stormarn kein Zoll für eingeführte und ausgeführte
Waren, und es war deshalb der Verkehr der Walddörfer mit Hamburg und dessen
Umgebung durch keine Zollschranke behindert. Nun wurde die holsteinische
Zollgrenze bis zum lauenburgischen Gebiete hin und bis nahe vor Wandsbek
ausgedehnt. Senat und Bürgerschaft genehmigten ein Abkommen mit der dänischen
Regierung wegen des Einschlusses der von holsteinischen Dörfern umgebenen
hamburgischen Walddörfer in das erweiterte holsteinische Zollgebiet und Zahlung
eines Anteils aus den Zolleinnahmen an Hamburg. Der Ertrag dieses Anteils wurde
von den hamburgischen Behörden lediglich zu Gunsten der Walddörfer verwendet,
und zwar hauptsächlich teils zum Ausbau der Hauptwege, teils für das Schulwesen
(Verbesserung des Einkommens der Schullehrer; Erlaß der Schulsteuer; Bau von
Schulhäusern). Diese Begünstigung der Walddörfer endigte jedoch mit dem Jahre
1867, als Schleswig-Holstein preußische Provinz geworden, der Zollvereinstarif
dort eingeführt worden war und die Zolleinnahmen für den Haushalt des
Norddeutschen Bundes bestimmt wurden. Bis zum Inkrafttreten des neuen
Ortstatuts für Groß-Hansdorf-Schmalenbek und den ersten Empfang des allen
hamburgischen Landgemeinden alljährlich gezahlten Staatszuschusses mußte
wiederum die Schulsteuer erhoben werden, an deren Stelle seit 1872 die im
Ortstatut festgestellte neue Gemeindesteuer trat.
Die Ausgaben der Gemeinde zur Unterstützung
Bedürftiger waren damals gering und sind auch bis zum heutigen Tage nicht
erheblich gesteigert. Vor Einführung des Ortsstatuts wurden in Hansdorf in
jeder zweiten Woche freiwillige Gaben für Bedürftige gesammelt. Das Einsammeln
des Geldes besorgten die Grundeigentümer der Gemeinde abwechselnd. Ueber die
Zuwendung von Unterstützungen wurde durch den Vogt und die Deputirten bestimmt.
Nach dem Jahre 1872 bildeten die
Ausgaben für das Armenwesen einen besonderen Posten des Gemeindehaushalts.
In der Beilage 5 ist die
erste Gemeindeabrechnung nach Einführung des Ortsstatuts, die für 1873,
abgedruckt. Zur Vergleichung sind die der Jahre 1898 und 1905 beigefügt. Seit Einführung
des Ortsstatuts von 1872 traten nicht unwesentliche Aenderungen im
Gemeindehaushalt ein. Es wurden durch die im Wege der Gesetzgebung erlassenen
Normativbestimmungen für das Landschulwesen die Ausgaben für die Schule
erheblich gesteigert; es kamen ferner die Ausgaben wegen des für das
hamburgische Landgebiet gesetzlich angeordneten Feuerlöschwesens hinzu, und in
einzelnen Jahren hat die Gemeindekasse für die auf Grund des Reichsgesetzes von
1883 betr. die Krankenversicherung der Arbeiter eingerichtete
Gemeindekrankenversicherung Zuschüsse leisten müssen.
Der jährliche staatliche Jahreszuschuß zu den
Gemeindeausgaben wurde erheblich größer infolge der, nach der Bonitirung der
landwirtschaftlich benutzten Grundstücke (beendet 1884) bedeutend erhöhten
Grundsteuer. Auch die durch ein hamburgisches Gesetz für das gesammte
Staatsgebiet im Jahre 1884 eingeführte Hundesteuer schaffte der Gemeinde eine
bisher nicht gekannte Einnahme. Die Gemeinde konnte für längere Zeit von
Erhebung einer Gemeindesteuer absehen. Eine Aenderung in der Berechnung des,
den Gemeinden gewährten Staatszuschusses zu ihren notwendigen Ausgaben wurde
durch Beschluß von Senat und Bürgerschaft im Jahre 1900 dahin getroffen, daß
den Gemeinden 7) fortan, und auch nachträglich für 1899,
die ihnen durch die gesetzliche Fürsorge für das Schulwesen und für
Armenunterstützung entstandenen Ausgaben ersetzt werden; dabei war bestimmt
worden, daß die Gemeinden ein Schulgeld zu erheben hätten, dessen Höhe durch
eine von der Gesetzgebung vorgeschriebene Berechnung festgestellt werden
sollte. Die Gemeindevertretung verzichtete jedoch auf die Erhebung dieses
Schulgeldes. Die Summe, welche sonst der Gemeindekasse an Schulgeld zugekommen
wäre, wird an dem Betrage des Staatszuschusses gekürzt. Die zur Zeit
vorgeschriebene Berechnung des jährlichen Staatszuschusses macht wiederum die
jährliche Ausschreibung einer Gemeindesteuer notwendig.
Bei Berechnung der Summe, welche staatsseitig als
Kosten der Gemeinde für das Schulwesen zu ersetzen sei, wurden die Erträge der
verpachteten Schulländereien von der Summe der Ausgaben abgerechnet. Die
Finanzdeputation glaubte aber diese Landflächen selbst als Staatseigentum
betrachten zu dürfen. Die Gemeindevertretung bestritt diesen Anspruch. Verhandlungen
hierüber führten zu einer Vereinbarung des Staats mit der Gemeinde, indem
gleichzeitig auch Bestimmungen über die künftige Instandhaltung der Hauptwege
durch den Staat getroffen wurden (für einen Teil der Hauptwege hatte schon
früher der Staat gesorgt im Anschluß an seine Fürsorge für die wichtigeren Wege
in den Walddörfern seit der Zeit ihres Anschlusses an das holsteinische
Zollgebiet). Durch eine Vereinbarung des Staats mit der Gemeindevertretung von
Groß-Hansdorf-Schmalenbek wurden diese Fragen geregelt, und gleichzeitig die
Pflicht der Instandhaltung von Wegen festgestellt. In den Abschnitten 1 und 2
des am 10. Mai 1905 geschlossenen und vom Senat am 17. Mai 1905 genehmigten
Vertrages wird die Pflicht des Staats zur ferneren Instandhaltung der Sieker-
und der Hoisdorfer Landstraße anerkannt, und die künftige Instandhaltung des
vom Mittelpunkt Hansdorf’s nach Siek führenden, jetzt Wöhrendamm genannten,
Weges sowie des Weges über Beimoor übernommen. Zu 3 und 4 wird anerkannt, daß
dem Staate keine Verpflichtungen hinsichtlich der Instandhaltung der übrigen
Wege in der Gemeinde obliegen und daß der größere der Hansdorfer Dorfteiche der
Gemeinde verbleibt, während der kleinere Teich zur Verfügung des Staats steht.
Zu 5 wird der Gemeinde das Recht der Ausnutzung einer Kiesgrube im Forst bis zu
deren Erschöpfung zugesichert. In den Abschnitten 6 bis 8 wird bestimmt, daß
von den Schulländereien der Staat die Schulwiese und die Immenkopel (zusammen
3,98 Hektar), die Gemeinde die Koppel Nattenjahren (2,70 Hektar) übernimmt;
auch verpflichtet sich die Gemeinde, ein zunächst der Immenkoppel belegenes, im
Privatbesitz befindliches kleines Landstück zu erwerben und dem Staat
kostenfrei zu überlassen.
Bis zum Ende der achtziger Jahre des 19.
Jahrhunderts hatten die beiden Dörfer einen überwiegend, man kann wohl sagen,
fast ausschließlich ländlichen Charakter. Die Hufen waren wesentlich in ihrem
alten Bestande geblieben, der Schmalenbeker Hof aber durch Zuziehung von
Ländereien einer der Halbhufen erheblich vergrößert worden. Indessen waren im
Laufe der Zeit in der Art des landwirtschaftlichen Betriebes Veränderungen
erfolgt, indem nach Eröffnung der Hamburg-Lübecker Eisenbahn durch die Nähe des
Banhhofs Ahrensburg die Beförderung von Milch nach Hamburg erleichtert worden
war. Der Bestand an Milchkühen wurde größer und die Hauptarbeit der Hofbesitzer
besteht jetzt in der Aufzucht von Rindvieh und insbesondere in der Haltung von
Milchkühen 8).
Seit dem Anfange der neunziger Jahre ist die Flächengröße
einiger der alten Hufen durch Verkäufe von Landstücken nicht unerheblich
vermindert worden.
Neben den einst ausschließlich über
Dorfangelegenheiten bestimmenden Besitzern der alten Hofstellen erwuchs aus der
einst geringen Zahl der Anbauer und Insten eine zahlreichere Gruppe von
Gemeindebewohnern, die nicht nur nach Einführung der Landgemeindeordnung ihre
Vertreter in die Gemeindeversammlung zu senden berechtigt ist, sondern auch
durch ihre Zahl, ihre Schulbildung und die geweckte Teilnahme an allen
öffentlichen Angelegenheiten, nicht zum geringen Teile auch durch steigenden
Wohlstand, den Dörfern Hansdorf und Schmalenbek ein anders Gepräge aufdrückt.
Auch die äußere Erscheinung der Dörfer ist infolge der, seit der Mitte der
neunziger Jahre entstehenden Neubauten eine andere geworden. Namentlich sind
hier die Landhäuser von Assmann (vormals Tietz), Cöllen, Dr. Wentzel und Dr.
Albrecht zu nennen, ferner die ausgedehnten Anlagen und Bauten der, von der
Landesversicherungsanstalt der Hansestädte gegründeten Anstalten Genesungsheim
und Invalidenheim. Auch der für den Verkehr von Sommergästen eingerichteten
Wirtschaftsgebäude (Waldburg, Hamburger Wald, vier Linden, Eilshorst) ist hier
zu gedenken.
Das erstgenannte jener Landhäuser, mit ausgedehnten
Parkanlagen, verdankt dem Kaufmanne Tietz seine Entstehung, welcher im Jahre
1884 ein früheres staatliches Forstgrundstück 9)
erwarb, dort ein Landhaus erbauen ließ und seinen Besitz durch den Ankauf
größerer Landstücke erweiterte. Nach dem Tode von Tietz wurde die damals 60,88
Hektar enthaltende Besitzung an den Kaufmann Assmann verkauft (1899).
Das Genesungsheim wurde am 11. Dezember 1900, das
Invalidenheim am 16. Juli 1903 eröffnet. Ersteres bietet Raum für 70 Leidende,
letzteres in seiner jetzigen Gestalt Raum für 30 Pfleglinge. Im Genesungsheim
wurden im Jahre 1904 insgesammt 230, im Jahre 1905 240 Personen verpflegt. Die
Zahl der Insassen des Invalidenheims hat sich bisher zwischen 16 und 26 bewegt.
Der Hansdorfer Grundbesitz der Landesversicherungsanstalt umfaßt etwa 27,50
Hektar.
Die Wandlungen im äußeren Ansehen
Hansdorf-Schmalenbek’s, die Aenderungen in der Bewohnerschaft der Gemeinde und
in ihren wirtschaftlichen Betrieben werden künftig in rascherem Gange sich
vollziehen. Schon liegt ein Plan vor, Ahrensburg durch eine Bahn mit
elektrischem Betriebe mit Hansdorf-Schmalenbek zu verbinden. Gelangt dieser
Plan zur Ausführung, wird dann auch die Verbindung Ahrensburg’s mit Hamburg in
den Vorortsverkehr hineingezogen, so werden bald Reihen neuer mit Gärten
umgebener Wohngebäude in den an den Wegen liegenden jetzigen Ackerfeldern und
Viehweiden entstehen. Aus den beiden alten Dörfern wird ein Vorort Hamburg’s
werden.
Unbeeinflußt durch diese Wandlungen werden aber die
Staatsforsten bleiben, aus deren ausgedehnten Flächen mit ihren herrlichen
Buchenbeständen hoffentlich ein großartiger Hamburger Stadtpark geschaffen
werden wird.
1) Also über Flurzwang, als noch gemeinsame Weide auf den
Stoppelfeldern stattfand, ferner über Anstellung der Hirten für das in die
Freiheit zur Weide getriebene Vieh, und Vorschriften für die Hirten; über das
Halten des Dorfbullen u. a. m.
2) Näheres
über die Schule in Hansdorf-Schmalenbek wird im Abschnitt V. mitgeteilt.
3) Die
beiden Dörfer wurden mit den anderen Walddörfern der Mairie Langenhorn
zugeteilt; Maire war der Vollhufner Krohn daselbst. Für Hansdorf-Schmalenbek
ward der Vogt Martin Meyer Beigeordneter.
4) Die
Rath- und Bürgerschlüsse wegen der Aenderungen der Landgebietsverhältnisse sind
vom 16. September 1830 und 15. Oktober 1835.
5) Diese
5 Abgeordneten waren: Schullehrer Kracht in Volksdorf, Sattler Martens in
Ohlstedt, Fabrikant Petersen in Wohldorf, Landwirt Sarghus in Volksdorf,
Landwirt und Ziegeleibesitzer Vogelsang in Farmsen.
6) Die
Selbstbesteuerung als Gegensatz zu dem bisherigen Herkommen der Ausschreibung
von Steuern durch den Landherrn, nach vorheriger Verständigung mit den
Ortsvertretern.
7) Mit
Ausnahme der Stadt Bergedorf und Cuxhaven.
8) Die
Zahl der Milch gebenden Kühe auf den größeren Hoffstellen ist jetzt
durchschnittlich insgesamt 220. Die tägliche Menge der zum Verkauf nach Hamburg
beförderten Milch darf auf durchschnittlich 2000 Liter geschätzt werden.
9) Im
Dezember 1870 ließ die Finanzdeputation drei Forststücke zum öffentlichen
Verkauf bringen (groß rund 8 ½, 5, 4/5 Scheffel). Die beiden ersteren Grundstücke wurden von R. Bilderbeck
erworben, welcher in dem größeren Forstteil ein Wirtschaftsgebäude in leichtem
Fachwerk, von ihm „Zum Hamburger Wald“ genannt, erbauen ließ. Das Haus brannte
im Dezember 1879 ab. Der Bilderbeck’sche Besitz kam bald danach zur
öffentlichen Versteigerung.
Ende Teil 3
zum Teil 4
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